Object: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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Play (Sozialtheoretiker) s. Art. Le Play. 
Plebiszit, im Verfassungsleben der römischen 
Republik der von der Plebs in den Tribut- 
komitien gefaßte Beschluß, welcher seit 448 für 
den ganzen populus gesetzliche Verbindlichkeit 
hatte. Im modernen Staatsleben bedeuten Ple- 
biszite im allgemeinen Zwischenfälle in der Ent- 
wicklung des politischen Lebens, die nicht nur nicht 
in der Verfassung vorgesehen sind, sondern ge- 
wöhnlich gerade den Umsturz bisher bestandener 
Rechtszustände auf dem Gebiet der Verfassung 
oder des Territorialbesitzes besiegeln sollen als 
demokratische Legalisierung vorhergegangener Akte 
der Gewalt. Die große französische Revolution 
hat das Plebiszit in diesem Sinn zur Einführung 
gebracht, das sich in der Folge namentlich zwei 
romanischen Ländern, Frankreich und Italien, als 
Auskunftsmittel empfahl. Wie der Umschwung, 
den das Plebiszit sanktionieren soll, so steht 
naturgemäß auch das Plebiszit selbst in gewissem 
Maß, mehr oder weniger unter dem Druck der 
Gewalt des Faktors, der die Neuerung herbei- 
geführt hat, und ist deshalb weniger frei, als es 
bei seinen oft überwältigenden Zahlen scheinen 
könnte; so z. B. das Plebiszit, das dem Staats- 
streich des Prinzen Napoleon vom 2. Dez. 1851 
folgte. Die piemontesische Politik bediente sich 
ebenfalls in den verschiedenen Etappen ihrer Er- 
oberungspolitik des Plebiszits (1860, 1870); 
wie wenig aber das Plebiszit an sich trotz der be- 
jahenden Mehrheiten eine überzeugende Sanktio- 
nierung des Einheitsgedankens war, bewies die 
Tatsache, daß das Plebiszit in den von Viktor 
Emanuel an Napoleon verhandelten italienischen 
Gebieten Savoyen und Nizza gegen den Einheits- 
gedanken entschied. Hier wie dort Mache. Auf 
dem Plebiszit beruht auch die Konstituierung der 
neueren Staaten der nordamerikanischen Union. 
Als Plebiszit kann man die in der schweizerischen 
Bundesverfassung vorgesehene Einrichtung des 
Volksreferendums ansehen, den Rekurs an das 
Gesamtvolk gegen Beschlüsse der Bundesversamm- 
lung. [Dresemann.) 
Polenfrage. Seitdem durch den Wiener 
Kongreß 1815 Teile des früheren Königreichs 
Polen an Preußen gefallen waren, hat die Polen- 
frage, abgesehen von einigen Zeiträumen der Ruhe, 
eigentlich stets im Vordergrund des öffentlichen 
Interesses gestanden, ohne einer befriedigenden 
Lösung näher gebracht worden zu sein. In den 
letzten Jahrzehnten ist ihre Behandlung stets ein- 
gehender und leidenschaftlicher geworden. 
Preußen hatte durch die Einverleibung der neuen 
Gebietsteile, aus denen unter Hinzunahme einiger 
bisher westpreußischer Bezirke die Provinz Posen 
zunächst unter dem Namen eines Großherzogtums 
gleichen Namens gebildet, während der Rest mit 
Westpreußen vereinigt wurde, die Aufgabe zuge- 
wiesen erhalten, diese neu erworbenen Länderstrecken, 
bewohnt von einer sowohl nach Abstammung wie 
nach Kultur wesentlich anders gearteten Bevölke- 
Play — Polenfrage. 
  
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rung mit den älteren Bestandteilen des preußischen 
Staats zu einem einheitlichen, auch innerlich zu- 
sammenhängenden Ganzen zu verschmelzen. Von 
einer zufriedenstellenden Lösung dieser Aufgabe 
ist man heute nach fast hundertjähriger Zusammen- 
gehörigkeit weiter wie jemals entfernt. Schuld 
daran trägt hauptsächlich das fortgesetzte Schwanken 
in der den Bewohnern der neuen Landesteile 
gegenüber bewiesenen Haltung der preußischen 
Regierung sowie das so oft beklagte geringe Ver- 
mögen und Verständnis derselben, der Gefühls- 
richtung weiter Volkskreise gebührend Rechnung 
zu tragen, um sie durch mit Gerechtigkeit gepaarte 
Milde zu vertrauensvoller Hingebung und endlich 
treuer Vaterlandsliebe zu führen. Schuld trägt 
anderseits die im polnischen Volkscharakter ge- 
gründete leichte Erregbarkeit der polnischen Be- 
völkerung, welche den Bestrebungen unruhiger, 
leidenschaftlicher Geister oft nicht die wünschens- 
werte ruhige Überlegung entgegen zu stellen ge- 
wußt hat. 
Der Einverleibung der neuen Gebietsteile im 
Jahr 1815 folgte zunächst eine Zeit ruhiger, ver- 
söhnlicher Politik, ganz im Geist verschiedener 
Kundgebungen Königs Friedrich Wilhelms III., 
insbesondere des sog. Aufrufs an die Einwohner 
des Großherzogtums Posen vom 15. Mai 1815. 
In demselben hieß es: 
„Auch Ihr habt ein Vaterland und mit ihm 
einen Beweis meiner Achtung für Eure Anhäng- 
lichkeit an dasselbe erhalten. Ihr werdet Meiner 
Monarchie einverleibt, ohne Eure Nationalität 
verleugnen zu dürfen. Ihr werdet an der Kon- 
stitution teilnehmen, welche ich Meinen getreuen 
Untertanen zu gewähren beabsichtige; und Ihr 
werdet wie die übrigen Provinzen Meines Reiches 
eine provinzielle Verfassung erhalten. — Eure Re- 
ligion soll aufrecht erhalten und zu einer standes- 
mäßigen Dotierung ihrer Diener gewirkt werden. 
Eure persönlichen Rechte und Euer Eigentum kehren 
wieder unter den Schutz der Gesetze zurück, zu deren 
Beratung Ihr künftig zugezogen werden sollt. Eure 
Sprache soll neben der deutschen in allen öffentlichen 
Verhandlungen gebraucht werden, und jedem unter 
Euch soll nach Maßgabe seiner Fähigkeiten der 
Zutritt zu den öffentlichen Amtern des Großher= 
zogtums sowie zu allen Amtern, Ehren und Wür- 
den Meines Reiches offen stehen. 
Die Flammen des am 29. Nov. 1830 in 
Warschau ausbrechenden Aufruhrs, welcher in 
kurzer Zeit die völlige Räumung des Königreichs 
Polen seitens der Russen zur Folge hatte, ver- 
mochten nicht die Grenzen Preußens zu über- 
schreiten: trotzdem kam mit dem Oberpräsidenten 
v. Flottwell Ende 1830 die schärfere Richtung 
zur Geltung, die als Grundsatz aufstellte, daß 
„das System der Nachsicht und der Zugeständnisse 
sich überlebt habe; daß der Adel und der Klerus 
Preußens geschworene Feinde seien; daß die preu- 
Khische Regierung sich nur die Achtung, nicht die 
Liebe der Polen erwerben könne“ (vgl. Denkschrift 
v. Flottwells über seine Verwaltung vom Dez. 1830
	        
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