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die v. Bünau. 1775 kam es an die Carlowitze. Wahrscheinlich
haben schon im 15. Jahrhundert Umbauten in der kleinen Burg statt-
gefunden, auch im 16. Jahrhundert wurde Mancherlei um= und an-
gebaut; aber der 1726 stattfindende Umbau hat das Innere der
Burg vollständig verändert, so daß nur noch die Glasgemälde in den
Fenstern des Vorsaales vom ersten Stock als aus dem Ende des
15. Jahrhunderts stammend angesehen werden können. Das Schloß
hat eine werthvolle Bibliothek und interessante Erinnerungen an
Napoleon I.
L1. Napoleon in Liebstadt.
Es war am 9. September 1813 gegen 5 Uhr Nachmittags,
als Napoleon im Schlosse zu Liebstadt eintraf, um Nachtquartier zu
nehmen. Er hatte am Tage vorher die Russen bei Dohna angreifen
und sie aus Zehist, Pirna und Borna verdrängen lassen. Sie wichen
langsam gebirgsaufwärts. Napoleon hielt lange Zeit auf der Höhe
von Borna, den Gang des Gefechtes beobachtend. Seit der Nieder-
lage bei Kulm, an der Katzbach und bei Großbeeren war eine selt-
same Unbestimmtheit über ihn gekommen. Nutzlose Hin= und Her-
märsche, kleine Gefechte ohne besonderen Zweck, Aufnehmen und
Fallenlassen verschiedener Pläne, unentschiedenes Schwanken, zaghaftes
Bedenken ... lauter Dinge, die man an ihm nicht gewohnt war.
Er blieb den Abend ziemlich schweigsam, langweilte sich auf-
fallend, kritzelte einen Vers in die Fensterscheibe und schnitt aus dem
Portrait Moreaus die französische Cocarde mit dem Federmesser
heraus, unter das Bild die Worte schreibend: „Er war ihrer un-
würdig, der Verräther!" Am Morgen des 10. September ging
Napoleon mit ziemlich bedeutenden Massen auf der kleinen Straße
über Breitenau nach dem Geiersberge vor. Bei Ebersdorf überblickte
er von der Höhe den großen, herrlichen Kessel Böhmens, einen starken
Gegensatz zu den unwirthlichen Gebirgsflächen mit ihren verödeten
Dörfern, durch welche seine Truppen herangerückt waren. Lange Zeit
betrachtete er die Stellung der im Thale befindlichen Armeen der
Verbündeten. Er sendete den General Drouot die Geiersbergstraße
hinab. Dieser kam spät mit der Nachricht wieder, daß sie unpassirbar
sei. Unmuthig und verdrießlich kehrte Napoleon nach Breitenau zu-
rück. „Kaum war in dem armen, fast zerstörten Dorfe ein Unter-
kommen zu finden. Der Unrath der Pferde mußte zuvor aus der
Wohnung des Pfarrers weggeschafft werden, um für Napoleon und
Berthier ein Unterkommen zu bereiten.“ Den Truppen fehlten alle
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