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haupt nur zum Hutnähen kommt, heißt überhaupt Breites, oder
auch Bastgeflecht. Das schmälere von drei bis fünf Halm heißt
Bündchen, Zänkchen, krumme Nath u. s. w. Andere heißen Zacke
mit Knicker, Messerspitze mit Zacke, Durchbruch, Kirschkern u. s. w.
Die Halme werden so zerschnitten, daß die Knoten herausfallen,
worauf das Stroh mit Schwefel gebleicht, mit einem stählernen
kammartigen Instrumente gerissen und in Wasser gelegt wird, um
es elastischer zu machen. Die geflochtenen Bänder werden nochmals
gewaschen und geschwefelt, sodann in Mandeln von 24 Ellen an die
Factoren abgeliefert. Die sächsischen Geflechte werden zum großen
Theile bei der einheimischen Strohhutfabrikation verwendet, aber auch
nach Frankreich, Amerika und England ausgeführt. Das Färben der
Strohgeflechte geschieht in einigen Kessel- und einer Dampffärberei.
Die Strohhutfabrikation hat in Bezug auf die Güte des Fabrikates,
wie auf die Menge der Production ganz außerordentliche Fortschritte
gemacht. In Dohna, Mügeln, Kreischa, Pirna, Dippoldiswalde und
vor Allem in Dresden sind bedeutende Strohhutfabriken entstanden.
Man schätzt den Werth der in Dresden und Umgegend gefertigten
Strohhüte, zu denen geringe, wie feine und feinste Geflechte inländischen,
schwarzwälder, schweizer, florentiner und venetianischen, aber auch
chinesischen und japanischen Ursprunges verwendet werden, auf 4 bis
selbst 6 Millionen Mark.
Im Jahre 1884 nahm die Lage der Strohflechterei eine kleine
Wendung zum Besseren, und besonders wurde feines Doppelhalm-
und gespaltenes weißes Siebenhalm-Geflecht gesucht. Auch die Stroh-
hutfabrikation ging befriedigend, wenngleich die Ausfuhr sich in be-
scheidenen Grenzen hielt, und mannigfache Klagen nicht fehlten. Im
folgenden Jahre zeigte es sich aber, daß der Aufschwung weder von
Dauer noch von ansehnlichem Umfange gewesen war; Frauen und
Kinder hatten fast gar keinen Erwerb mehr und viele Flechtmädchen
verließen das Obergebirge, um einen anderen Erwerbszweig zu suchen.
Auch das Jahr 1886 bezeichnet einen entschiedenen Niedergang
der Strohflechterei, wenngleich das Bestreben der Kunstflechtschulen es
wenigstens dahin brachte, den feineren sächsischen Flechtwaaren An-
erkennung zu verschaffen. Eine Besserung der allgemeinen Lage des
Erwerbszweiges wurde nicht erzielt; die genauer, besser gearbeiteten
und dabei billigeren chinesischen Geflechte beherrschten den Markt.
Im Jahre 1887 war ein kleiner Aufschwung, da ein leichtes,
feines Geflecht mehr gesucht wurde. Daß gleichzeitig die Güte der
chinesischen Geflechte bedeutend geringer wurde, war für die hiesige
Strohflechterei von Bedeutung. Wenngleich die Strohflechterei seit
Jahren sehr wenig lohnend ist, so macht man doch alle möglichen