Full text: Das Erzgebirge in Vorzeit, Vergangenheit und Gegenwart.

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gedehnten Handel mit Borten und Spitzen betrieben und Hunderte 
von Bortenwirkerinnen und Klöpplerinnen beschäftigt; wahrscheinlich 
hat sie aber auch den letzteren die Anfertigung der verschiedenen 
Spitzengattungen gelehrt; denn allem Vermuthen nach war das Klöp- 
peln um Mitte des 16. Jahrhunderts eine nicht unbekannte Beschäf- 
tigung vornehmer Frauen. Gestickte Spitzen und spitzenartige Arbeiten 
sind eine sehr alte Erfindung. Im frühen Mittelalter schon giebt es 
Altartücher, Meß= und Prunkgewänder mit genähten und gestickten 
Spitzen. In den Niederlanden, in Brabant und in der Normandie 
wurden die zarten Geflechte oder Gewebe mit durchsichtigem Grund 
und einem Muster aus dichter liegenden Fäden gefertigt, welche in 
Leinenzwirn Spitzen, in Seide Blonden und bei aufgenähtem Muster 
Application genannt und zum Theil aus freier Hand mit der Nadel, 
hauptsächlich jedoch vermittelst zahlreicher an Klöppeln befestigter 
Fäden auf dem Muster des Klöppelkissens hergestellt werden. 
Bis zu welchem Umfange die Einführung des Spitzenklöppelns 
im Erzgebirge das vorwiegende oder ausschließliche Verdienst von 
Barbara Uttmann gewesen ist, läßt sich nicht feststellen; dafür hat die 
Sage, das allgemeine Urtheil des Volkes und die wiederholten Be- 
richte der Geschichtschreiber es als unumstößlich angenommen, daß ihr 
vor Allem und ausschließlich die Einführung der Spitzenklöppelei zu 
danken sei. 
Der Jugendschriftsteller Christian Felix Weiße ist zu 
Annaberg am 28. Januar 1726 geboren. Sein „Kinderfreund" 
(24 Jahrgänge) und sein „Briefwechsel der Familie des Kinder- 
freundes“ wurden mit dem größten Beifall aufgenommen). 
In Annaberg lebte der „berühmte und vortreffliche Rechenmeister“ 
Adam Ries, geboren 1492 nach den alteren Angaben in Zwö- 
nitz, nach dem Ergebniß neuerer Forschungen in Staffelstein in Franken. 
1515 war der zweifellos in der Markscheidekunst, Bergbaukunst und 
Bergtechnologie bewanderte Mathematiker nach Annaberg übergesiedelt, 
„wo er bald eine sehr große und beruffene Schule hatte“. 1518 
gab er das kleine Rechenbuch „Rechnung auf den Linien und Federn, 
auff allerlei Handtierung, gemacht durch Adam Rysen“, gedruckt zu 
Erfurt, heraus. Dasselbe begründete seinen R'hm. Die Anwendung 
der arabischen Ziffern, die Einführung des Stellenwerthes und des 
dekadischen Systemes, die Beseitigung der langwierigen und mühseligen 
Rechnung mit den bis dahin üblichen römischen Buchstabenwerthen 
verschaffte ihm schnell eine Bedeutung, welche bis heutzutage in der 
*) Professor Dr. Wildenhahn, Vortrag über Christian Felix Weiße. 
Annaberg, Graser, 1884.
	        
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