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Baumwollengarn (Vigogne); ferner farbige Strickgarne, Posamentir-
garne, Halbkammgarne u. s. w. Durch Behandlung mit heißen
Stahlkämmen wird der Wolle die Eigenschaft des Filzens genommen,
und dem Faden eine glatte Beschaffenheit gegeben. Der Wollkämm-
maschine folgt die Vorspinn= und sodann die Feinspinnmaschine. Alle
Maschinen sind nach Art der Watermaschinen gebaute Selfactors. —
Die für Kammgarnspinnerei vorzüglich geeigneten Alpaka= und Lama-
wollen (aus England und Frankreich) in Verbindung mit der
Maschinenkämmerei üben einen großen Druck auf die deutsche Kamm-
garnindustrie, welche so lange im Vortheil war, als ausschließlich mit
der Hand gekämmt wurde.
Seit dem Jahre 1878 hat sich die Lage der Kammgarnspinnerei
jedoch wesentlich gebessert, so daß 1880 im Bezirk der Handels= und
Gewerbekammer Chemnitz 100 000 Kammgarnspindeln neu aufgestellt
wurden. Die wesentliche Vergrößerung der Spinnereien rief aber
eine bedeutende Steigerung der Wollpreise hervor, während auf der
anderen Seite die Kammgarnpreise so tief sanken, wie noch nie. Die
Zahl der Kammgarnspinnereien ist nicht groß. Die sächsische Kamm-
garnspinnerei Harthau arbeitet mit 15 500 Fein= und 2300 Zwirn-
spindeln; die Kammgarnspinnerei von Klemm & Burmann in Kappel
mit ungefähr ebenso viel Spindeln. Es werden hauptsächlich Ketten-
und Schußgarne gefertigt, welche in Greiz, Gera, Elberfeld, Barmen,
Reichenbach, Netzschkau, Zittau, Grottau und Reichenberg Absatz fin-
den. Die einfachen Kettengarne zu Damenkleiderstoffen, wie auch die
einfachen Tricotgarne; die gezwirnten Kettengarne zu Herrenkleider=
stoffen. Bei voller Beschäftigung wurden 1888 im Ganzen befrie-
digende Preise erzielt. Tricotagegarne lohnten besser, auch Zephyr-
Lgarne in den Nrn. 46/2 bis 52/2. Auch in den feineren, qualität-
reicheren Webgarnen (Canettes) sowie in feineren Zwirnen, 78er und
84er zweifach, wurden bessere Preise bezahlt.
In der Kammgarnspinnerei macht sich der allgemeine Geschäfts-
aufschwung der neuesten Zeit ebenfalls bemerkbar.
Die Streichgarnspinnerei hatte ganz wie die Tuch= und
Buckskinfabrikation unter dem Drucke der Zeitverhältnisse, Börsenkrisis
und Ueberproduction zu leiden. Die Chemnitzer Streichgarnspinnerei
hat alle Stadien der Geschäftsungunst seit 1873 durchzumachen ge-
habt, bis sich auch hier in den letzten Jahren das Geschäft wesentlich
besserte. 4
Die Streichgarnspinnerei hat durch Einführung der neuesten und
besten Maschinen einen bedeutenden Ausschwung genommen, so daß sie
gegenwärtig im Stande ist, der belgischen Spinnerei mit Erfolg ent-
gegen zu treten. In Bezug auf die Qualität ist das belgische