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haupt außer wollenen und halbwollenen Zeugen auch Kattun gewebt.
Das Leineweberhandwerk gab die Leineweberei auf und wendete sich
der Baumwoll= und Zeugweberei zu. Der Canevas wurde von 1712
an fabrikmäßig hergestellt, seit 1725 webte man Cottonnade, aber
erst seit 1772 kam der Piquk auf. Man hatte zwar schon seit
1722 Versuche mit der Fabrikation von Piqué gemacht, der bis dahin
nur von den Engländern gefertigt werden konnte, und machte ihn
Anfangs nur aus weißen baumwollenen Garnen. Später mischte
man türkische Garne hinein, bedruckte den Piqu und webte ihn auch
von Seide und Flachs. Der Einführung der Kattune folgten sehr
bald die sogenannten Peruviennen und geblumten Waaren, besonders
seitdem die Kattundruckerei eingeführt worden war.
Im Jahre 1755 war die erste Kattundruckerei in Plauen i. V.
errichtet worden; 1760 eine in Burgstädt; 1770 die erste in Chem-
nitz (Schlüssel), und 1771 die zweite in Chemnitz (Pflugbeil).
Man erfand eine Menge neuer Zusammenstellungen und Muster,
zahlreiche Verbesserungen alter Artikel, und ebenso viele neue. Im
ersten Viertel dieses Jahrhunderts webte man Piqué, Canevas, Köper,
Kattun, Barchent, Wallis, Cottonnade, Musselin, bunte Leinwand,
baumwollene, halbseidene, halbwollene, wollene Westen, Tücher mit
eingewirkten Blumen, Bettdecken, Petinets, halbseidene Waaren u. s. w.
1785 waren die pelouchirten Piqués aufgekommen, ein sehr gesuchter
Stoff, sowie die baumwollenen Doppelmoltons; 1795 webte man die
ersten extrafeinen Kattune nach ostindischer Art, ferner halbseidene
Musselinets, sowie gestreifte und gemusterte bunte Baumwollenstoffe.
Mit der zwischen 1770 und 1780 erfundenen Maschinenspinnerei
begann der Aufschwung der Baumwollenmanufactur in Europa und
die allmälige Verdrängung der anderen Stoffe durch die Baumwolle.
Die ostindische Baumwollweberei ist allerdings durch die europäische
zu Grunde gerichtet worden. Die in Ostindien und Indien seit frühen
Jahrhunderten bekannten baumwollenen Zeuge, welche erst im Mittel-
alter nach Europa gelangten und durch die Feinheit und Weichheit
des Gewebes ganz bedeutend vor allen europäischen Geweben hervor-
ragten, ist allmälig so zurückgedrängt worden, daß gegenwärtig fast
gar keine ostindischen Gewebe mehr nach Europa eingeführt werden;
nur rohe Baumwolle aus den verschiedenen zur Baumwollencultur
geeigneten Ländern.
Besonders seit Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die
Chemnitzer Baumwollenmanufactur, und wenn sie auch Anfangs die
Feinheit der englischen Stoffe nicht vollständig erreichte, so hatte sie
den Vorzug größerer Wohlfeilheit, der ihr einen weiten Absatz er-
öffnete. Nach verhältnißmäßig kurzer Zeit machte aber die Vervoll-