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auf der Rückseite des Stoffes durch den Faden des durchgehenden
Schiffchens bewirkt. Der Betrieb der Maschine erfolgt durch Hand—
schwungrad oder Wasser-, Dampf- oder Gasmaschine; jede Maschine
wird durch zwei weibliche Arbeiter bedient; auf fünf Maschinen rechnet
man einen Garnspuler. Diese Maschine erreicht aber die ältere Stick—
maschinen -Construction bei Weitem nicht an Feinheit und Mannig-
faltigkeit der hergestellten Waare, auch fehlt ihr der echte Festonnir=
stich und die Hohlstickerei; dagegen leistet sie an Arbeitsmasse das
Vier= und Fünffache. Hauptartikel sind Tüllstickerei, Tischdecken u. s. w.
Die Zahl der Schiffchen-Stickmaschinen ist in den letzten Jahren be-
deutend gewachsen. Im Ganzen schätzt man die Zahl der in Sachsen
verwendeten älteren oder Plattstich = Stickmaschinen, welche um 1830
von dem Elsässer Heilmann erfunden, in den 40er Jahren schon in
der Schweiz, aber erst seit Anfang der 60er Jahre in Sachsen ver-
wendet wurde, auf ungefähr 4500 Stück. Die Sacchsische Stick-
maschinenfabrik hat etwa 4400 gebaut, welche in der Hauptsumme
nach dem Erzgebirge und dem Voigtlande gingen, aber auch zu einem
ansehnlichen Theile nach Böhmen, Preußen, der Schweiz, Rußland,
England und Nordamerika. Diese Stickmaschine wird vom Sticker
vermittelst Tretens zweier Fußschemel betrieben, während durch das
Drehen einer Kurbel mit der linken Hand und Einsetzen eines Stiftes
(Pantograph) auf den bezeichneten Punkt der in sechsfacher Ver-
größerung ausgeführten Musterzeichnung die Nadeln an der richtigen
Stelle eingesetzt und durch den Stoff durchgeführt werden. Hier er-
faßt sie die Greifzange der anderen Seite, während die Greifzange
der ersten Seite sich öffnet und die Nadel losläßt. Das Treten des
zweiten Fußschemels läßt die Rückwärtsbewegung ausführen, nachdem
der Stift des Pantographen auf die entsprechende andere Stelle des
Musters geführt und dadurch der Nadel die Größe des Stiches an-
gegeben worden ist. Eine oder zwei Hülfsarbeiterinnen sind beschäf-
tigt, neue Nadeln einzusetzen, frische Fäden einzufädeln u. s. w. Je
nach Größe der Maschine macht eine solche bis zu 1 Million Stiche,
und zwar in Plattstichstickerei. Man stickt mit Baumwolle, Wolle
oder Seide, weiß oder farbig in die verschiedenartigsten Stoffe. Ein-
satz und Ansatzstreifen für Wäsche und für Damenkleider, sowie
Kragen, Volants, Kanten, Schärpen, Shäwlchen, Taschentücher,
Schürzen, Tischdecken, Hosenträger, Handschuhe, Etuis (Vögel, Schmetter-
linge, Blumen) u. s. w. Die Schiffschenstickmaschine, von welcher etwas
über 400 in Sachsen und dem angrenzenden Theile Böhmens in Be-
trieb sind, von denen über 300 aus der Sächsischen Stickmaschinen-
fabrik stammen, wird hauptsächlich zu der in der jüngsten Zeit er-
fundenen Tüllstickerei (Spitzenimitation) verwendet. Diese Maschinen