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anstaunenswerthen Reichthume durchgeführt ist, besonders die Nord-
seite. Die Werkmeister derselben — 1506 bis 1512 Meister Hans
Cziller, von 1517 an Caspar Teucher, und die mit ihnen in Ver-
bindung stehenden Lorenz Löfler (vom Schneeberger Kirchenbau) und
Hans von Torgau — sagten sich 1528 von der Straßburger Bau-
hütte los und errichteten durch den Annaberger Hauptbeschluß den
Meißnischen (oder Obersächsischen) Hüttenbund. Die von demselben
befolgten Grundsätze zeigen sich in ihren ersten Anfängen an den
Dorfkirchen von Ruppertsgrün, Langhermsdorf und Schömberg, sowie
an der Hauptkirche St. Johannis zu Plauen, einer dreischiffigen
Hallenkirche mit Kreuzarmen und einschiffigem Chorraum, dessen
geradliniger Abschluß sie als Ordenskirche der Deutschherren charak-
terisirt. Die zur Hälfte nach Innen gerückten Strebepfeiler sind mit
einer schmalen Pforte durchbrochen, welche die Verbindung der Em-
poren — einer rein protestantischen Anlage — herstellt. Im Frei-
berger Dom, wo die Verbindung der Emporen durch kanzelähnliche
Vorbauten um die zum größten Theile nach Innen gerückten Strebe-
pfeiler geschaffen ist, stehen die Emporen zu hoch; in der Schnee-
berger Kirche, deren stilgerechte Wiederherstellung und vor Allem die
Wiederaufstellung des von Lucas Cranach gemalten Haupt= und
Flügelaltares, trotz aller Bemühungen des Baurathes Möckel nicht
durchzuführen gewesen, ist die Wirkung der Emporen wesentlich durch
Einbauten, sogen. Kapellen, resp. Glaskästen, beeinträchtigt, wenngleich
die Anordnung der Strebepfeiler ganz dem in Freiberg und Anna-
berg angewendeten System entspricht. Die Annaberger Hauptkirche
giebt diese Anordnung der Emporen nicht blos in der besten Höhe
und Anordnung, sondern auch in der künstlerisch am vorzüglichsten
ausgeführten Ausschmückung, indem die Brüstung der Emporen mit
Reliefs geziert und diese wiederum durch Farbengebung zu ihrer vollen
Wirkung gebracht worden sind. Bei der Annaberger Hauptkirche sind
die Strebepfeiler vollständig eingezogen, das Aeußere daher sehr schlicht
und einfach; auch die beim Freiberger Dom nur wenig nach Außen
vortretenden Strebepfeiler bringen keine Abwechselung in das Aeußere;
dagegen ist die Außenseite der Marienkirche in Zwickau mit einer
Sorgfalt und einem Verständniß gegliedert und geschmückt, daß sie
ein einzig hervorragendes Beispiel dieser Bauperiode bildet und es
eine höchst interessante und dankenswerthe Aufgabe ist, dieses Bauwerk
in seinem vollen Glanze wieder herzustellen.
Die Erneuerung der in ihrem Innern durch Einbauten, in ihrem
Aeußern durch Klima und Zerstörungen in hohem Grade geschädigten
Kirche zur ursprünglichen Schönheit war eine große, zeiterfordernde
und schwierige Arbeit. Es handelte sich darum, Beschädigungen zu