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Haltung und Behandlung das Spannviehes stehen noch nicht
auf der Höhe, um die höchste Leistungsfähigkeit zu gewinnen.
Seit langer Zeit schon hat man erkannt, daß für die erzge-
birgische Landwirthschaft die Rindviehzucht den Brennpunkt
aller Bestrebungen bilden müsse. Das ursprüngliche Landvieh hatte
sich nur in einzelnen Theilen des Gebirges zu einer kräftigen und
nutzbringenden Form entwickelt. Die äußere Form der Thiere ist
natürlich von der Pflege, Ernährung und Aufzucht abhängig. Der
Gegensatz der Höhenrassen und der Niederrungsrassen macht sich
schon bei geringen Höhenunterschieden geltend, wenn Aufzucht und
Haltung des Viehes systematisch betrieben werden. Schon mit einer
geringen Aufbesserung in Züchtigung, Wartung und Fütterung kann
der Milch= und Fleischertrag bedeutend gesteigert werden.
Obgleich ein Aufschwung in der Viehhaltung und Viehzüchtung
nicht zu verkennen ist, so war der Niedergang doch ein so bedeutender,
daß nur mit großer Beharrlichkeit die begangenen Fehler wieder aus-
geglichen werden können. «
Wenn im oberen Erzgebirge neben Milcherzeugung Fleisch—
production erstrebt wird, so muß das Simmenthaler Rind als das
passendste bezeichnet werden; wo man die Milch ohne weitere Ver-
arbeitung verwerthen kann, besonders in den mittleren und niederen
Gebirgslagen ist die Oldenburger Rasse geeigneter. Das Simmen-
thaler Vieh giebt als Melkvieh viele und fette Milch, ist seines
Knochenbaues wegen zum Zuge geeignet und bringt bei der Kreuzung
mit dem Landvieh sehr befriedigende Nachzucht.
Die Milchwirthschaft wird auf den Bauernhöfen von der
Hausfrau betrieben. Die Haltung vou Melkvieh gestattet die lohnendste
Verwerthung des Futters. Die Milchgewinnung hat außerordentlich
an Umfang zugenommen. Einestheils ist der Viehstand bedeutend
vermehrt worden, anderntheils hat man durch Haltung und Fütterung
die Milchproduction erhöht, endlich durch sorgfältige Züchtung, reich-
lichere Ernährung, bessere Wartung und Pflege den Viehstand im
Allgemeinen gehoben. Im Durchschnitt schätzt man den Ertrag einer
guten Landkuh auf jährlich 1200 bis 1500 Liter, einer Simmen-
thaler und Allgäuer Kuh auf 2000 bis 3000 Liter. Der Fettreich-
thum der Milch des Simmenthaler Viehes bietet eine bedeutend
größere Butterbereitung, bis zu 125 — 130 kg. Die Verwerthung
der Milch erfolgt wo der Absatz gesichert ist, in frischem Zustande,
sonst wird sie in Butter, Käse, Magermilch 2rc. verwandelt.
Im Allgemeinen werden auf allen Bauernhöfen die Kühe täg-
lich drei Mal gemolken, früh, Mittags und Abends, was bedeutend
vortheilhafter ist, als das auf einzelnen kleineren Höfen gebräuchliche