16 II. Staat und Staatsverfassung.
Der Verzicht auf den Erwerb der Krone kann
ausdrücklich oder stillschweigend — durch Nicht-
annahme der Regierungsgeschäfte — erklärt werden.
Der Verlust durch Verzicht beeinflußt nicht die
Thronfolgefähigkeit der Nachkommen des Verzichten-
den, sondern nur die Reihenfolge der Berufung zurKrone.
Der Verlust der angetretenen Herrschaft tritt
nur durch Abdankung ein. Eine Entsetzung ist staats-
rechtlich nicht möglich. Eine Usurpation durch einen
fremden Eroberer hätte nur dann eine Rechtswirkung,
wenn der vertriebene Herrscher in dem Friedens-
schlusse die Krone ausdrücklich abtritt.
Die Befugnis der wirklichen Regierung geht ver-
loren, wenn der Herrscher die Regierungsfähigkeit
verliert (körperliche, geistige Gebrechen, Kriegs-
gefangenschaft).
In diesem Falle sowie dann,. wenn der Herrscher
bei Antritt der Herrschaft das 18. Lebensjahr noch
nicht vollendet hat, tritt Reichsverwesung ein.
Zur ordentlichen Reichsverwesung — KRegent-
schaft — (das ist bei Minderjährigkeit des Herrschers)
sind in der nachstehenden Reihenfolge berufen:
1. der von dem Vorgänger des minderjährigen
Herrschers allenfalls hierzu ernannte volljährige
königliche Prinz;
2. der nächste regierungsfähige T'hronfolgeberech-
tigte;
3. die Witwe des letzten Herrschers;
4. jener Kronbeamte, den der letzte Herrscher
hierzu ernannt hat;
5. der erste Kronbeamte, dem kein gesetzliches
Hindernis entgegensteht.
Die außerordentliche Reichsverwesung tritt, wie
oben erwähnt, bei Regierungsunfähigkeit des Herrschers
ein. Sie ist von der Zustimmung der beiden Kammern
abhängig und ist hierzu der nächste regierungsfähige