Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

106 Entwicklung der preußischen Provinzialstände. 
hinaus erregte, worauf dann die spätere Enttäuschung um so 
bitterer war. So hatten die Königsberger Provinzialstände 
ganz in seinem Sinne zu handeln geglaubt, als sie ihn um 
endliche Verwirklichung des Gesetzes vom 22. Mai 1815 
baten; wie ein kalter Wasserstrahl wirkte darauf die präcisfe 
Antwort, daß er dies ablehnen müsse, aber auf eine weitere 
Entwicklung der Rechte der Provinzialstände denke. In der 
That bewilligte er diesen, die bisher nur nach königlichem 
Belieben einberufen wurden, feste Wiederkehr ihrer Sitzungen 
nach zweijährigen Terminen, sowie die Veröffentlichung ihrer 
Verhandlungen durch den Druck. In die stille Thätigkeit 
dieser Versammlungen kam dadurch allerdings auf der Stelle 
ein stark bewegtes Leben; die Außerungen desselben waren 
aber zum Theil dem König sehr verdrießlich, und gingen in 
den verschiedenen Provinzen diametral gegen einander. Rhein- 
land, Preußen und Posen beschlossen dringende Bitten um 
Reichsstände und Preßfreiheit, Brandenburg und Pommern 
dagegen warnten nachdrücklich vor solchen. Einräumungen an 
zerstörende Tendenzen. Der Gegensatz der Stimmungen trat 
so scharf hervor, daß bei manchen durchaus conservativen 
Ministern und Generalen die Sorge erwachte, ob dabei die 
Verwaltungsbehörden die innere Einheit des Staats ohne die 
Unterstützung kräftiger Reichsstände würden behaupten können. 
Dazu kam ein finanzielles Moment. In Deutschland hatte 
die Entwicklung der Eisenbahnen begonnen, und mehr als 
jeder andere empfand der langgestreckte preußische Staat das 
Bedürfniß, dieses gewaltige Verkehrsmittel sich anzueignen. 
Zum Bau der Staatsbahnen aber würde eine Anleihe nöthig 
sein, während die zum Bau bereiten Privatunternehmer eine 
Zinsgarantie des Staats begehrten, deren Übernahme ebenso
	        
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