Wachsende Agitation für Reichsstände. 109
festungen zu erheben seien, und Preußen bereitwillig seinen
Antheil an den Kosten übernehmen werde. Dies hatte die
Zustimmung des Bundestags gefunden, und Friedrich Wil-
helm regte jetzt bei den österreichischen Staatsmännern weitere
Aufgaben für eine gemeinnützige Thätigkeit des Bundestags
an. Er erhielt schöne Worte lebhaftes Beifalls, und die
Zusage, daß ein österreichischer Bevollmächtigter zu näherer
Erwägung nach Berlin kommen würde. Dies geschah; in
mehreren Conferenzen wurde das große Thema durchgesprochen,
und der Bevollmächtigte nicht ohne freundliche Hoffnungen
entlassen. Damit aber war Alles zu Ende. In Wien wollte
man sich zu bindenden Zusicherungen nicht verstehen.
Unterdessen schlug die Bewegung der Gemüther in
Preußen immer höhere Wellen. Der König, der zwar die
Staatsangelegenheiten seiner alleinigen Waltung vorbehielt,
aber den persönlichen Rechten der Bürger eine gesunde Ent-
faltung gönnte, rechnete zu den letztern auch die freie Meinungs-
äußerung, lockerte demnach die Bande der Presse, so weit es
die bestehenden Bundesgesetze irgend zuließen, und zeigte sich
hier um so weniger bedenklich, als er von der öffentlichen
Meinung eine kräftige Hülfe für seine Pläne einer Bundes-
reform erwartete. Zunächst aber war die Wirkung seinen
Wünschen wenig entsprechend. Nicht so sehr auf die Bundes-
als auf die preußische Verfassung richtete die Presse ihre An-
strengungen. Der Ruf nach Reichsständen fand jetzt Zugang
in alle Schichten des Volkes; einzelne radicale und commu-
nistische Stimmen mischten sich ein; je länger die Ungewiß-
heit dauerte, desto drängender wurde die allgemeine Erregung.
Zugleich erhob sich gegen die kirchlichen Bestrebungen des
Königs Widerstand aller Orten. Man befürchtete Gewissens-