Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

114 Polnischer Aufstand. 
großen polnischen Verschwörung endeckt, eine ansehnliche Zahl 
der Mitglieder, darunter den militärischen Führer Mieros- 
lawski, verhaftet und vor Gericht gestellt, und dann kleine 
Tumulte leicht unterdrückt. In den nächsten Monaten aber brach 
der Aufstand um so heftiger in Galizien und dem 1815 durch 
die drei Theilungsmächte geschaffenen kleinen Freistaat Krakau 
aus. In Galizien ließ die österreichische Regierung gegen den 
polnischen Adel die ruthenischen Bauern los, welche längst 
gegen ihre harten Grundherren erbittert, mit entsetzlichen Mord- 
thaten die Empörung rasch erstickten. Krakau aber wurde 
von Truppen der Theilungsmächte gemeinsam besetzt, und 
dann durch einen neuen Vertrag der Selbständigkeit der Re- 
publik durch ihre Einverleibung in die österreichische Monarchie 
ein Ende gemacht. Diese Ereignisse hatten für Deutschland 
eine zweifache Folge. Zunächst verdoppelte sich das populäre 
Mitgefühl für die polnische Sache, vor Allem erhitzt durch die 
grauenvolle galizische Metzelei — so wenig sonst bei einem 
Streite zwischen Gutsherren und deren Unterthanen die liberalen 
Sympathien sich dem Adel zuwandten. Dann aber erhoben 
sich Frankreich und England zu einem Proteste gegen Krakaus 
Annexion durch Osterreich, nach jener schon früher erwähnten 
Auslegung der Wiener Congreßacte: da der Vertrag über 
die Gründung der Republik Krakau in die Acte eingerückt 
worden, sei seine Aufhebung ohne Zustimmung aller Congreß- 
mächte unstatthaft. Wie sich versteht, wurde diese Behaup 
tung ebenso wie 1832 die gleichartige Einmischung in die 
deutsche Verfassungsfrage nachdrücklich zurückgewiesen: es zeigte 
sich dabei aber wieder, wie schwankend und unsicher das junge 
deutsche Nationalgefühl trotz der Erhebung von 1840 noch 
immer war. Obgleich es sich hier um eine Lebensfrage auch
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.