1848 Beginn der Bewegung in den kleinern Staaten. 131
Einheit, also zunächst eines deutschen Parlaments, und daneben
der Freiheit der geistigen Bewegung, also die Begehren der
freien Presse und des freien Vereins= und Versammlungs-
rechts. Aber auch die Massen der arbeitenden Bevölkerung
ließen sich nicht lange erwarten: die Verkündigung, daß das
Volk souverän sei, daß alle Menschen gleiche Rechte haben,
daß die Last der Steuern und des Kriegsdienstes aufhören,
daß der deutsche Mann fortan ein freies Leben voller Wonne
führen und zur Sicherung dieser Herrlichkeit Schwert und
Büchse erhalten solle — riß auch sie unwiderstehlich mit
sich fort.
Die Bewegung begann schon am 28. Februar im deutschen
Süden, und setzte sich dann mit reißender Schnelligkeit zunächst
über alle Mittel= und Kleinstaaten fort. Der Hergang war
überall derselbe. Große Volksversammlungen erklärten die
Forderungen der Zeit: Gewährung jener Freiheitsrechte,
Berufung des deutschen Parlaments, Einrichtung der Bürger-
wehr oder der Volksbewaffnung, vor Allem aber Übertragung
der Ministerstellen an liberale Vertrauensmänner. In ge-
waltigen Sturmpetitionen, zuweilen mit lärmendem Straßen-
unfug begleitet, wurden diese Gebote des freien Volkes unter
schweren Drohungen für den Fall der Ablehnung den regie-
renden Fürsten vorgetragen. Zu blutigen Gewaltthaten kam
es an keiner Stelle, da bei der imposanten Einmüthigkeit der
Massen keine Regierung Widerstand wagte, und sehr bald die
bisherigen Führer der Opposition aller Orten die Ministersessel
einnahmen. Die socialen Begehren der Handwerker auf Schutz
gegen die überlegene Concurrenz der Fabriken, der Arbeiter
auf größere Theilnahme an dem Gewinn der Fabrikanten,
der Landleute auf freie Jagd, Windfall und Laubstreu wurden