1848 Die Berliner Märztage. 139
allgemeine Entrüstung; namentlich die Jugend, Studenten,
Gesellen, Fabrikarbeiter warfen sich mit wilder Begeisterung
in den Kampf; durchweg war die Sympathie der Bevölkerung
auf ihrer Seite. So wuchsen in allen Quartieren zahllose
Barrikaden wie durch einen Zauberschlag in die Höhe; in
wenigen Stunden war ganz Berlin ein einziges, revolutionäres
Heerlager.
Der Oberbefehlshaber der Truppen, General von Pritt-
witz, war vom ersten Augenblick an der Ansicht, daß seine
12000 Mann starke Streitmacht nicht zahlreich genug sei,
um die ganze weite Stadt zu besetzen. Er beschloß demnach,
den wichtigsten Theil derselben, einen Kreis um das Schloß
von etwa drei Kilometern im Durchmesser, einzunehmen; wenn
dann aber die Unterwerfung noch nicht erfolge, die Stadt zu
verlassen, und durch Blokade und Beschießung von Außen
die Ergebung zu erzwingen. Den ersten Theil dieses Planes
führte er in einem achtstündigen Kampfe während der mond-
hellen Nacht mit vollem Erfolge durch. Seine Fortschritte
vollzogen sich langsam, nicht wegen der Stärke des Wider-
standes, der nur an einzelnen Punkten harte Anstrengung und
fühlbare Opfer forderte, sondern in Folge der Stimmung des
Königs, der in seinem Innern entsetzt über den Ausbruch eines
solchen Kampfes mit seinem Volke, bald bitterlich weinte, bald
in dumpfe Apathie versank, stets nur die Erlaubniß zur Er-
oberung eines einzelnen Postens, zur Einnahme einer einzelnen
Straße gab, dann erst auf lange Vorstellungen die Vollmacht
zu weiterem Vorrücken ertheilte. Abends neun Uhr empfing
er den Freiherrn Georg Vincke, welchen der Minister Bodel-
schwingh zur Berathung der künftigen Verfassung nach Berlin
berufen hatte; dieser stellte ihm die Gefahren eines längern