Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

152 Die Parteien. 1848 
sofern diese nicht selbst für gut finde, die Ansichten der 
Cabinette einzuholen. 
Nachdem dann die Versammlung einen Ausschuß von 
50 Mitgliedern zur Beaufsichtigung des Bundestags einge- 
setzt hatte, schloß sie ihre Sitzungen am 4. April äußerlich 
in voller Einigkeit. Auf allen Seiten hatte man Freiheit und 
Einheit begehrt, und im Sinne der Freiheit die radicalsten 
Beschlüsse gefaßt; was aber die Einheit betrifft, so blieb nur 
dadurch die Zwietracht verdeckt, daß man alle positiven Be- 
schlüsse vertagte. Noch war man der alten deutschen Neigung 
nicht entwöhnt, gemeinsam in hohen Idealen zu schwelgen, 
beim praktischen Handeln aber unerbittlich sich zu trennen. 
Noch war die Klärung des Nationalbewußtseins nicht so weit 
vorgeschritten, daß sie unbedingt über die particularen Ge- 
fühle und den politischen Factionsgeist triumphirt hätte. Die 
Einen wollten die Einheit — nur daß sie nicht monarchisch, 
die Andern wollten sie ebenso eifrig — nur daß sie nicht 
preußisch werde. So ergab sich Verneinung aller Orten, 
und man tröstete sich einstweilen mit der schönen Hoffnung, 
daß vor der Majestät des aus dem Volke hervorgehenden 
Parlaments alle bösen Eigenwilligkeiten zu Boden fallen müßten. 
Für's Erste hatten übrigens die Beschlüsse des Vor- 
parlaments jeden von ihren Urhebern gewünschten Erfolg. 
Der Bundestag verfügte gleich am 7. April eine ganz „den 
Wünschen des Volkes“ entsprechende Anordnung über die für 
„die constituirende Nationalversammlung“ vorzunehmenden 
Wahlen. Auch in Preußen bequemten sich Regierung und 
Landtag, welcher letztere bereits auf Grund des frühern 
Bundesbeschlusses seine Wahlen vorgenommen hatte, zur Nach- 
giebigkeit; ein neues Gesetz berief das Volk zu Parlaments-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.