Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

174 Nationalversammlung und Reichsverweser. 1848 
die deutsche Republik zur Vollendung zu bringen. Ganz ent- 
schieden aber wies die große Mehrheit solche Ziele zurück. 
Sie wollte eine constitutionell-monarchische Oberbehörde über 
den Einzelstaaten, mit weiter, aber fest bestimmter Competenz, 
selbständig bei ihren einzelnen Schritten, aber durch die Ver- 
antwortlichkeit ihrer Minister für die Richtung ihrer Politik 
abhängig von der Nationalversammlung. Trat man nun der 
Gestaltung eines solchen Systems näher, so erhoben sich die 
Fragen, ob zur Lenkung der Centralgewalt ein Einziger, ein 
Reichsverweser, oder ein Directorium zu Dreien berufen, ob 
der oder die Regenten von der Nationalversammlung oder 
von den Fürsten oder von beiden gemeinsam ernannt, ob sie 
aus den fürstlichen Häusern oder aus dem Volke gewählt, 
ob ihr Wirkungskreis möglichst weit ausgedehnt oder streng 
auf die allgemeinen Reichsangelegenheiten beschränkt werden 
sollte. Dies Alles zu erwägen, setzte die Nationalversammlung 
am 3. Juni 1848 einen großen Ausschuß nieder. 
Der Gedanke eines Directoriums von drei Mitgliedern, 
deren eines von Österreich, ein anderes von Preußen, das 
dritte von den kleinen Staaten zu bezeichnen sei, gewann, da 
er den realen Verhältnissen zu entsprechen schien, Anfangs 
zahlreiche Anhänger im Ausschuß und in der Versammlung. 
Auch Gagern gab ihm Beifall. Seinen früheren Plan, den 
König von Preußen an die Spitze zu bringen, hatte er bei 
dessen entsetzlicher Unpopularität wenigstens für den Augen- 
blick zurückgestellt. Bereits am 28. Mai hatte er sich in 
einer Conferenz mit den Bundestagsgesandten von Osterreich, 
Preußen und Bayern, den Herren v. Schmerling, v. Usedom 
und v. Closen, sowie den Abgcordneten Bassermann und 
Beckerath, über die Einrichtung eines Directoriums verständigt
	        
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