176 Nationalversammlung und Reichsverweser. 1848
In die Souveränität der Einzelstaaten wurde, wie man
sieht, durch diese Vorschläge sehr tief eingeschnitten. Aber
kein Widerspruch kam von dieser Seite zum Vorschein. Wer
in Osterreich eigentlich herrsche, war damals in Wien ebenso
wenig klar wie in Frankfurt. In Preußen überließ der
Ministerpräsident Camphausen, durch die innern Nöthe voll-
ständig in Anspruch genommen, die Bundessachen dem Frei-
herrn von Arnim, und dieser war mit der Errichtung einer
starken Centralgewalt, an welcher Preußen Antheil haben
sollte, durchaus einverstanden. Höchstens einige Kleinstaaten
seufzten im Stillen, daß sie in den 17 Curien des alten
Bundestags mehr Einfluß hätten üben können, als künftig
bei den drei Stimmen eines Directoriums, von dem sie völlig
ausgeschlossen werden sollten.
Aber eine neue Wendung trat ein.
Gagernhatte mittlerer Weile seine Ansicht geändert. Bei der
furchtbaren Zerrüttung Osterreichs, den damals höchst unsichern
Berliner Zuständen, der halben oder ganzen Anarchie in den Klein-
staaten, schien ihm ein möglichst starkes und schlagfertiges Reichs-
regiment erforderlich, und dazu ein vielköpfiges Directorium
wenig geeignet. Also entschied er sich jetzt für die Erhebung Eines
Mannes, für die Einsetzung eines Reichsverwesers. Daß ein
solcher rascher und entschlossener verfahren könne als ein Drei-
männer-Collegium, hatte bereits vielen Mitgliedern auf beiden
Seiten des Hauses eingeleuchtet. Gagern hoffte, wenigstens einen
großen Theil der Mehrheit für seine Ansicht zu gewinnen, wenn
er einen Prinzen, und zwar den populären Erzherzog Johann in
Vorschlag brächte. Dafür meinte er auch die Linke günstig zu stim-
men, wenn die Ernennung desselben allein durch die Nationalver-
sammlung ohne jede Mitwirkung der Regierungen erfolge. Gerade