1848 Gagern für einen Reichsverweser. 177
dies aber war dann wieder der Mehrheit gegenüber ein miß-
licher Punkt. Mit gutem Grund herrschte bei dieser die
Überzeugung, daß eine Centralgewalt, bei deren Erschaffung
den Regierungen jeder Einfluß versagt bliebe, vom ersten
Tage an die feindselige Gesinnung derselben erfahren würde,
und eben deshalb wollte Dahlmann in das Directorium die
Vertreter der drei mächtigsten Regierungen selbst berufen. So
erkannte Gagern, daß es nur ein Mittel für den Sieg seiner
Meinung gebe; er mußte bei den Mitgliedern der Mehrheit
die Vorstellung erwecken, daß jetzt schon die Erhebung des
Erzherzogs den deutschen Regierungen und insbesondere dem
Könige von Preußen erwünscht sei. Er beschloß, den Ver-
such zu machen, obgleich die dazu erforderlichen Schritte von
dem Beigeschmack einer verdeckten Intrigue nicht völlig frei
bleiben konnten. Am Abend desselben 19. Juni, an welchem
der Ausschuß das Directorium vorschlug, wandte sich Gagern
noch einmal an die drei Bundestagsgesandten: noch sei, sagte
er ihnen, auf eine Mehrheit für das Triumvirat zu hoffen,
aber der Gedanke eines Reichsverwesers gewinne täglich An-
hänger. Dann scheine aber der Erzherzog Johann der einzig
mögliche Candidat. Was würden nun die Regierungen dazu
sagen? Deren Ansicht würde von bedeutendem Einfluß auf
die Abstimmung sein. Die Gesandten erklärten zunächst, daß
sie auf eine solche Frage weder vorbereitet noch instruirt
seien. Über ihre persönliche Ansicht befragt, blieb Schmer-
ling, ein klarer, fester und folgerichtiger Kopf, rund und
bestimmt bei dem Directorium. Usedom, ein überall stattlich
einherschreitender, aber bei vielem Geiste innerlich haltloser
Mann, äußerte, eintretendes Falls würde der König nach
seiner persönlichen Verehrung für das Kasserhaus den Erz-
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. I.