Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

180 Nationalversammlung und Reichsverweser. 1848 
Souveränität der Nation, wünschte er auch jetzt bethätigt zu 
sehen, also die Ernennung des Reichsverwesers allein durch 
die Nationalversammlung. Seine Rede darüber am 24. war 
nicht der improvisirte Ausdruck einer überströmenden Gefühls— 
politik: denn schon am Tage vorher erhielt Usedom vor- 
läufige Nachricht über die kommenden Dinge. Nach einem 
Gespräche mit Max Gagern berichtete er am 23.: „Die 
Linke begehrt die Ernennung eines Präsidenten durch die 
Nationalversammlung, die Rechte besteht auf einem Prinzen; 
auf beiden Seiten überwiegt die Einheit; Radowitz hat heute 
für die Einheit gesprochen, Gagern wird es morgen ebenfalls 
thun; vielleicht kommt von irgend einer Seite der Antrag, 
den Erzherzog Johann durch Acclamation zu ernennen.“ 
Usedom setzte noch hinzu, er habe Max Gagern gesagt, daß 
er persönlich die Dreiheit wie früher vorziehe: er habe aber 
keinen Protest seiner Regierung gegen die Einheit angekündigt. 
Also nicht einmal die Andeutung einer möglichen Proclamation 
des Erzherzogs durch die Nationalversammlung hatte ihm die 
Verpflichtung klar gemacht, den ihm befohlenen Widerspruch 
zu erheben. So durfte Gagern bei dem Glauben bleiben, 
daß Berlin kein Hinderniß für sein Vorhaben sein werde. 
Allerdings, auch wenn es anders gewesen wäre, so hätte es 
jetzt kaum noch Wirkung gehabt. Hatte doch am 20., als 
Braun aus Köslin den König von Preußen als Reichs- 
verweser vorschlug, nur ein schallendes Hohngelächter der 
Linken dem wackern Manne geantwortet, und nicht ein einziges 
Mitglied sich zu seiner Unterstützung erhoben. Dabei dauerte 
noch in Berlin die Ministerkrisis, das Toben eines unbändigen 
Proletariats und die demokratische Haltung der Volksvertreter 
fort: man war in Frankfurt so weit entfernt davon, auf
	        
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