1848 Antrag auf Abschaffung des Bundestags. 181
Preußens Macht Rücksicht zu nehmen, daß die gemäßigten
Parteien es als eine wesentliche Aufgabe der künftigen Central-
gewalt betrachteten, der bedrängten preußischen Regierung
eine Stütze gegen die Anarchisten zu schaffen. Uberhaupt
durchwogte ein stolzes Selbstvertrauen die ganze Versammlung,
ein seliges Genügen in ihrem hohen Beruf, in dem ihr der
Blick für die harte Wirklichkeit draußen im Lande abhanden
kam. Von allen Seiten her war ein Vorschlag, mit dem
Eintritt der Centralgewalt den alten Bundestag abzuschaffen,
mit Jubel begrüßt worden, wie nachdrücklich auch Basser-
mann und Welcker auf die Nothwendigkeit eines gesetzlichen
Organs der Einzelstaaten neben der Centralgewalt hinwiesen.
Man war bereit, mit beiden Füßen den plötzlichen Sprung
aus dem frühern Extrem des Sonderthums über den Bundes-
staat hinweg in das neue Extrem des Einheitsstaats zu
wagen. Extrem gegen Extrem, das war ganz menschlich;
leider wurde dabei übersehen, daß 1815 die Schöpfer des
Bundestags alle Mittel der materiellen Macht, 1848 aber
die Männer der Paulskirche überhaupt keine Macht als ihr
moralisches Ansehen beim Volke besaßen.
Am 24. Juni sollte die Verhandlung zum Schlusse
kommen. Es ging die Rede durch die Reihen der Abgeord-
neten, Gagern — der seine bisherige Thätigkeit völlig im
Verborgenen betrieben hatte — werde selbst das Wort er-
greifen, und zwar wie jedermann erwartete, zur Unterstützung
des Ausschusses, also für die Einsetzung eines von den
Fürsten zu bezeichnenden Reichsverwesers. Der letzte der
angemeldeten Redner war Mathy, der noch einmal in kräftiger
Weise die Entwicklung des Bundestags zu einem Staaten-
hause empfahl, und vor einem kühnen Griffe nach parlamen-