186 Nationalversammlung und Reichsverweser. 1848
Kaisers die Regierung Osterreichs übernommen hatte. Eine
Deputation der Nationalversammlung eilte nach Wien, um
ihm die frohe Botschaft zu überbringen. Zugleich erhob aber
auch der Bundestag seine Stimme, und beschloß, obwohl ohne
Instruction von seinen Regierungen, dem Erzherzog zu schreiben,
daß die Regierungen schon vor der Entscheidung im Parla-
mente sich für seine Wahl erklärt hätten. Der Erzherzog
erhielt damit freie Entschließung für Gegenwart und Zukunft,
auf welchen Rechtstitel er seine Macht gründen wollte. Als
Robert Blum, der Führer der Linken, dies in der National-
versammlung rügte, und zugleich seine Verwunderung über
die prophetische Gabe aussprach, mit welcher der Bundestag
Johann's Erwählung vorausgesehen, gab Gagern die Er-
klärung, daß zwischen ihm und dem Bundestage nicht die
geringste Communication über die Sache Statt gefunden.
Schmerling aber äußerte, der Bundestag sei bereits todt,
und die Nationalversammlung ging zur Tagesordnung über.
In der Zwischenzeit bis zur Ankunft des Erzherzogs
blieben die Gemüther in lebhafter Bewegung. In den einfluß-
reichsten Kreisen der Mehrheit begann man sich den Zustand
auszumalen, wie er unter der neuen Regierung zu gestalten sei.
Es erschien ihnen selbstverständlich, daß die Reichsminister bei
Störungen der Ordnung mit Übergehung der Landesregierung
unmittelbar an die Ortsbehörden Weisungen zu erlassen und
ebenso unmittelbar die erforderlichen Truppentheile aufzubieten
hätten. Alle Festungen, meinten Einige, müßten Reichsfestungen,
alle Stabsofficiere vom Reiche ernannt werden. Im Ver-
fassungsausschusse kam die Nothwendigkeit einer einheitlichen
Verwaltung der gesammten deutschen Heeresmacht, und die
Aufhebung des Gesandtschaftsrechts aller Einzelstaaten zur