196 Verwicklungen. 1848
Aber die entscheidende Thatsache war, daß die National-
versammlung an ein bevorstehendes Sinken ihrer Macht nicht
glaubte, deshalb in völliger Ruhe die weitschichtige Verhandlung
der Grundrechte begann, und keinem Zweifel an dem Gehorsam
der Regierungen gegen die Befehle der Centralgewalt Raum gab.
Man hätte nun denken können, daß die Führer der Gruppen,
welche dem Könige von Preußen die deutsche Kaiserkrone zu—
dachten, einstweilen beim Berliner Cabinet vorbereitende Schritte
zum Einvernehmen über die künftige Reichsverfassung thun,
oder wenn dies ihren Begriffen von der Souveränität des
Parlaments widerstrebte, wenigstens in der Handhabung der
Centralgewalt so viel wie möglich auf Preußens Stellung
Rücksicht nehmen würden. Aber nichts der Art geschah.
Zwar in der Ministerliste, welche schon vor der Ankunft
des Erzherzogs Gagern mit Schmerling verabredete, war
der preußische Name reichlich vertreten; Camphausen sollte
das Präsidium und die auswärtigen Angelegenheiten, General
von Peucker den Krieg, der Abgeordnete von Beckerath die
Finanzen erhalten, neben ihm Schmerling das Innere über-
nehmen, die übrigen Ressorts durch Männer der kleineren
Staaten besetzt werden. Ohne Zweifel, die wichtigsten Amter
waren die beiden zuerst genannten, weil hier das Verhältniß
der Centralgewalt zu den Einzelstaaten auf der Stelle sich
charakterisiren mußte. Peucker, ein kleiner, wohlwollender,
nicht eben energischer Mann, wollte zuerst nur provisorisch.
annehmen, und sprach den Wunsch aus, daß nicht alle
deutschen Kriegsminister zu seinen Untergebenen gemacht, und
nicht alle deutschen Heereseinrichtungen umgewälzt, sondern nur
verbessert werden möchten. Als man ihm dies versprochen
hatte, trat er definitiv in das Cabinet ein; freilich sollte er