Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

1848 Gegensatz zwischen Gagern und Camphausen. 199 
zu nehmen, allen Landesregierungen das Gesandtschaftsrecht 
zu entziehen, und hievon ohne Zögern eine höchst dringliche 
Anwendung zu machen, indem man die von Preußen mit 
Dänemark begonnene Friedensunterhandlung dort abbreche 
und in die Hand des Reichsverwesers lege. Camphausen er- 
klärte darauf, daß er durch diese Erläuterungen sich hinreichend 
unterrichtet finde. Auf solchen Wegen sei die Selbständigkeit 
der Einzelstaaten übermäßig bedroht. In den erwähnten 
Fragen, des dänischen Waffenstillstandes, des Armeebefehls für 
den Erzherzog, des Einziehens der preußischen Gesandtschaften, 
würde er sich nie mit der Nationalversammlung verständigen 
können. Zum Werkzeug für Preußens Mediatisirung, zu dem 
er hier dienen solle, werde er sich nicht gebrauchen lassen. 
Gagern erwiderte ihm: unter diesen Umständen kann auch ich 
Ihren Eintritt in das Ministerium nicht mehr wünschen. 
Gagern war im ersten Augenblick doch sehr betreten 
über den unvermutheten Widerspruch des preußischen Staats- 
manns. Wenn ein rheinischer Patriot wie Camphausen eine 
starke Reichseinheit so entschieden bekämpfte, was war dann 
erst bei den Altpreußen des fernen Ostens zu erwarten? 
Aber gleich viel! Gagern blieb bei der Meinung, während 
die Nationalversammlung die Grundrechte langsam berathe, 
müsse die Centralgewalt so rasch wie möglich Besitz von der 
Militärhoheit in ganz Deutschland ergreifen. Richtiger wäre 
zweifellos das umgekehrte Verfahren gewesen: Beschleunigung 
der Verfassungsarbeit durch das Parlament, und höchst be- 
dächtiges Vorgehen der Centralgewalt. Allein schon am 
14. Juli verständigte Gagern sich mit dem Ministerium über 
die gleich nach der Abreise des Erzherzogs (er ging zur Er- 
öffnung des österreichischen Reichstags nach Wien) vorzu-
	        
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