Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

210 Verwicklungen. 1848 
Selbständigkeit an den Tag gelegt und damit nach den zahl- 
losen Schmähungen sich zum ersten Male wieder in Respert 
gesetzt. Die Debatte dauerte dann noch zwei Tage lang fort: 
über die Gültigkeit von Hecker's Wahl eine rechtliche Ent- 
scheidung zu finden, war nicht leicht, da es positive Gesetze 
über die Rechte der Nationalversammlung und ihrer Mit- 
glieder nicht gab, als Wähler aber politische Flüchtlinge aus- 
drücklich zugelassen worden waren. Indessen war das sittliche 
und politische Gefühl der Mehrheit nicht einen Augenblick 
zweifelhaft, und trotz alles Wüthens der Linken wurde die 
Nichtigkeit der Wahl sowie die Ablehnung der Amnestie am 
10. August verfügt. 
Seitdem aber stand unter den thätigen Männern der 
demokratischen Partei der Entschluß fest, dieses nichtswürdige 
Parlament bei der ersten Gelegenheit vom Erdboden zu ver- 
tilgen. Zu einer neuen Schilderhebung meinten sie besser als 
im April gerüstet zu sein. Während die Majorität im Juni 
den Reichsverweser erschuf, hielten sie in Frankfurt einen 
großen Parteicongreß, veranlaßt durch den Professor Bayr- 
hoffer aus Marburg, einen kleinen, feinen Mann mit spitzer 
Nase und dünner Stimme, der von der Welt bis dahin 
nichts kannte als Hegel's Logik, und sich jetzt ebenso aus- 
schließlich in Robespierre's Grundsätze versenkt hatte. Uner- 
müdlich predigte er die Vereinigung aller Volksmänner zur 
Verwirklichung der Volkshoheit und zur Vernichtung aller 
Volksfeinde. Man kam zum Beschlusse, die zahlreichen demo- 
kratischen Vereine in einen fest organisirten großen Bund 
unter einer gemeinsamen Oberleitung zusammen zu fassen, die 
Volksmassen in möglichst dauernder Unruhe zu erhalten, auf 
alle Weise einen letzten großen Schlag vorzubereiten. Man
	        
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