Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

1848 Entrüstung der Nationalversammlung. 239 
Er wird schwerlich etwas ausrichten, sagte der Erzherzog 
zu den abgehenden Ministern, die einstweilen die laufenden 
Geschäfte fortführten. In der That, die innere Unmöglichkeit 
der Sache lag hier schreiend zu Tage: Dahlmann an der 
Spitze eines Ministeriums der Linken, das war ein bis zum 
Komischen ungeheuerlicher Gedanke. Schon nach drei Tagen 
legte Dahlmann seinen Auftrag in die Hände des Erzherzogs 
zurück. Dieser wandte sich darauf an den Professor von 
Hermann aus München, einen sonst durch Kenntnisse und 
Scharfsinn hervorragenden Nationalökonomen, der hier aber 
ebensowenig wie Dahlmann zu Stande brachte und nur seine 
eigene politische Unfähigkeit kläglich bloß stellte. 
Darüber verging eine weitere Woche, und deren Ereig- 
nisse waren durchaus geeignet, bei der Majorität das erhitzte 
Blut etwas abzukühlen. Zunächst wirkte in diesem Sinne 
das immer heftigere Drängen der Linken auf revolutionäre 
Dictatur. Hier wie in Kopenhagen war es die demokratische 
Partei, welche jede friedliche Regung als eine Schändung 
der nationalen Ehre und Wohlfahrt brandmarkte, und nur 
zu deutlich ihren letzten Gedanken erkennen ließ, nach dem 
Muster von 1793 durch den Krieg zur revolutionären All- 
gewalt zu gelangen. Dagegen wünschte die Majorität, die 
Märzrevolution zum Abschluß zu bringen, und wies jeden 
Gedanken an neue Umwälzungen zurück: unmöglich aber 
konnte sie verkennen, daß sie außer den revolutionären keine 
andern Mittel zur Durchführung eines gegen Preußen gerich- 
teten Beschlusses besaß. Noch gab es kein Reichsheer und 
keine Reichsfinanzen; in beiden Beziehungen war der Reichs- 
verweser auf die guten Dienste der Regierungen angewiesen. 
Unter diesen aber war Osterreich der erklärte Freund des
	        
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