1848 Die ersten Artikel der Reichsverfassung. 247
Entscheidung zu bringen. Der Antrag ging also dahin, das
Reich bestehe aus dem Gebiete des deutschen Bundes unter
Vorbehalt der Verhältnisse Schleswigs; habe ein deutsches
Land mit einem nichtdeutschen dasselbe Staatsoberhaupt, so
solle das deutsche Land eine von dem nichtdeutschen Lande
getrennte eigene Verfassung, Regierung und Verwaltung
haben; dort könnten nur deutsche Staatsbürger Beamte
werden, und habe die Reichsverfassung und Reichsgesetzgebung
dieselbe verbindliche Kraft, wie in den übrigen deutschen
Ländern. Das bedeutete für Österreich die Zerreißung der
Monarchie, die Verbindung Cis= und Transleithaniens für alle
Zeiten lediglich durch die Personalunion, die unbedingte Aus-
führung aller Reichsgesetze in den deutschen Kronländern.
Daß die österreichische Regierung sich diesen Bestimmungen
nicht unterwerfen würde, war einem Jeden einleuchtend: eben
deshalb hatte der Ausschuß den Antrag gestellt, um das
Wiener Cabinet zu einer bestimmten Erklärung seiner Absichten
zu nöthigen. Entweder Unterwerfung unter das Reichsgesetz
oder Austritt aus dem Bunde. Der Gegensatz war damit in
schneidender Klarheit gestellt: hier die Männer des festen
Bundesstaats, welchen der Verlust durch das Ausscheiden
Osterreichs geringer erschien, als der Gewinn durch die innere
Einheit, die bei dem Verbleiben zweier Großmächte im Bunde
unmöglich war; dort die Idealisten, die Gegner der Trennung
irgend eines deutschen Landes vom Reiche, mochte dann aus
der Verfassung werden, was da wollte, und dazu die Parti-
cularisten, welche Osterreich eben deshalb im Reiche behalten
wollten, weil sein Verbleiben jede durchgreifende Reichseinheit
verhinderte und nur einige Verbesserungen des alten Staaten-
bundes möglich ließ. Die bisherige Majorität spaltete sich.