Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

252 Die Nationalversammlung und die Mächte. 1818 
in Ungarn ausgebrochenen Bürgerkriege zwischen Magyaren 
und Croaten hatte das Wiener Ministerium sich für die 
letzteren erklärt, während bei den Demokraten der Hauptstadt 
eine lebhafte Begeisterung für die magyarischen Gesinnungs- 
genossen herrschte. So gab eine Truppensendung aus Wien 
zur Unterstützung der Croaten das erste Signal zum Auf- 
stande, bei dem ein Theil der Garnison zum Volke übertrat 
und dadurch den Sieg der Empörer entschied; der verhaßte 
Kriegsminister, Graf Latour, wurde in unmenschlicher Grausam- 
keit zu Tode gemartert; die kaiserliche Familie und alle 
Minister bis auf einen flüchteten nach Olmütz; der Rest der 
Truppen wurde aus Wien hinausgeführt, und die Stadt für 
den Augenblick der Schreckensherrschaft des siegestrunkenen 
Proletariats überlassen. Es dauerte einige Wochen, bis Fürst 
Alfred Windischgrätz aus Böhmen ansehnliche Streitkräfte 
heranführte, und dann an der Spitze eines Heeres von 90 000 
Mann die Stadt zur bedingungslosen Ergebung aufforderte. 
Der Eindruck dieser Ereignisse in ganz Deutschland war un- 
geheuer. Auf das thörichte Drängen des Parlaments hatte 
das Reichsministerium die Schwäche, zwei Commissare zur 
Vermittlung nach Osterreich abzusenden, welche jedoch vom 
Fürsten Windischgrätz mit völliger Geringschätzung, von den 
Ministern in Olmütz mit kalter Höflichkeit abgewiesen wurden. 
Die Linke hatte ihrerseits zwei Abgeordnete zur Ermuthigung 
der Aufständischen nach Wien geschickt, welche dann auch am 
Kampfe gegen die Truppen Theil nahmen: Windischgrätz ließ 
darauf nach der Einnahme der Stadt den einen derselben, 
Robert Blum, gerade weil er sich auf die Unverletzlichkeit der 
Parlamentsmitglieder berief, standrechtlich verurtheilen und 
erschießen; der Andere, Julius Fröbel, wurde ebenfalls
	        
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