264 Die Nationalversammlung und die Mächte. 1848
Wirthschaft, die gegen unverbesserliche Demagogen kein anderes
Mittel als beschwichtigende Nachgiebigkeit kannte, die Her-
stellung einer energischen, das zerbröckelnde Reich mit fester
Faust zusammenfassenden Antorität. Einer der Ihrigen,
General Fürst Felix Schwarzenberg, der früher als Gesandter
an verschiedenen Höfen wenigstens durch bunte Abenteuer und
hochmüthige Haltung Aufsehen gemacht, wurde zu dem Posten
des Ministerpräsidenten berufen. Er stellte die Bedingung,
daß Kaiser Ferdinand abdanke, und dessen achtzehnjähriger
Neffe Franz Joseph den Thron besteige, der, jung wie er
war, unter den Erzherzogen als der frischeste und talentvollste
hervortrat: damit der Staat wieder an höchster Stelle eine
lebendige und kräftige Vertretung gewinne. Fürst Felix war
ein Mann von mittlerer Statur, langem Gesichte und scharf
geschnittenen Zügen, der als Soldat Geschick und Kühnheit
bewährt, übrigens das Leben bis zu gründlicher Zerrüttung
seines Nervensystems genossen hatte: seine Handschrift war
trotz ihrer großer Buchstaben durch das stete Zittern seiner
Finger kaum noch leserlich. Immer aber hatte er Geisteskraft,
Entschlossenheit und unerschrocken vordringenden Willen be-
wahrt. Nach Außen gedachte er die augenblickliche Schwäche
seines Staats durch doppelt stolzes und trotziges Auftreten
zu verhüllen und namentlich Preußen und Deutschland gegen-
über alle alten Ansprüche Osterreichs so hoch wie möglich
zu steigern. Für die innere Politik, von der er nur flüchtig
erworbene Kenntnisse besaß, war er der Meinung, daß Alles
auf Befehlen und Gehorchen ankomme, und die geringste
Widerspenstigkeit auf der Stelle niederzuschlagen sei. Daraus
ergab sich als einzig passende Staatsform anstatt der locker
verbundenen Kronlande der geschlossene Einheitsstaat mit