272 Die Nationalversammlung und die Mächte. 1819
dann sämmtlich dem vielsprachigen Osterreich unterstellt
würden.
Das revolutionäre Frankfurter Parlament hatte Anfang
December alle Anträge auf Mediatisirung der Kleinstaaten
abgewiesen, weil nicht deren Fürsten, sondern die größern
Souveräne das Hinderniß der Einheit bildeten. Es war der
hitzige Vorkämpfer des conservativen Systems, wolcher hier
mit einem Federstrich die Selbständigkeit von beinahe 30 legi-
timen Regierungen vernichten wollte.
ler den sonstigen Inhalt der preußischen Denkschrift
äußerte sich Fürst Schwarzenberg kurz dahin, daß ein ein-
heitliches Oberhaupt unmöglich sei, besser ein Dircctorium zu
Dreien unter österreichischem Vorsitz. Osterreich werde übrigens
nicht bloß in den weitern, sondern auch in den engern Bund
eintreten — mit andern Worten, jeden engern Bund ver-
hindern; auch dem Zollverein werde es sich so vollständig
wie möglich anschließen.
Man hätte denken mögen, daß auf die erste Meldung
solcher Pläne Preußen jede weitere Verhandlung mit Olmütz
für hoffnungslos erklärt und unzögerlich die Verständigung
mit den Frankfurter Centrumsparteien gesucht hätte. Allein
solche Entschlüsse lagen außerhalb des Gedankenkreises des
Königs. Der Bruch mit Osterreich war für seine Gesinnung
eine Unmöglichkeit. Er dachte nicht anders, als daß seine
Ansichten in der ministeriellen Verhandlung von Schwarzenberg
mißverstanden worden seien; er werde ja, klagte er, nur zu
häufig mißverstanden. So beschloß er, Allerhöchstselbst ein-
zugreifen, und in einer ausführlichen Abhandlung dem öster-
reichischen Cabinet seine Anschauungen zu erläutern. Der
Aufsatz wurde am 4. Januar 1849 niedergeschrieben und