Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

1849 Denkschrist Friedrich Wilhelm's IV. 273 
durch den Grafen Brühl nach Olmütz überbracht, um ihn 
dort dem Fürsten Schwarzenberg vorzulesen. Die leitenden 
Gedanken desselben sind uns theilweise schon bekannt; cr 
ist aber in seiner Motivirung und Diection so merkwürdig, 
daß wir uns nicht versagen, einige Bruchstücke daraus mit- 
zutheilen und zugleich die kurzen Bemerkungen, mit welchen 
Schwarzenberg den Vorleser hier und da unterbrach, hinzu- 
zufügen. 
Der König beginnt mit der Erklärung, daß Bernstorff's 
letzter Bericht die tröstliche Gewißheit eines einmüthigen 
Handelns der deutschen Großmächte gebe. „Nur auf dieser 
Grundlage von Macht und Eintracht“, sagt er, „können die 
deutschen Fürsten sich erheben, und kann in Deutschland ein 
Zustand und Verhältniß gegründet werden, welche der Zeit 
besser trotzen, als die Mißgeburt des deutschen Bundes es 
vermochte, und als die Utopien der Paulskirche es vermögen 
würden. Was war der Hauptfehler des deutschen Bundes? 
Nichtbeachtung der natürlichen Machtverhältnisse 
der Glieder des Bundes. Was ist der Grundfehler der 
Paulskirchen-Projecte? Das Verschieben von Unten nach 
Oben, von Gbrigkeit und Unterthanen, mit einem Wort, das 
Revolutionäre. Es ist ein Erfahrungssatz, daß die Einsicht 
in den Werth der Dinge . der Regel nach da am klarsten 
ist, wo das Walten in großen Verhältnissen, das Leben in 
einer imposanten Geschichte, gleichsam das tägliche Brod ist, 
also gerade da, wo die göttliche Vorsehung die Macht ver- 
liehen hat, um der Geltendmachung des Werthes den ge- 
hörigen Nachdruck zu geben. Im deutschen Gemeinwesen 
gibt es nur zwei Mächte, die einen solchen Standpunkt haben, 
Osterreich und Preußen.“ 
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiche#. I. 18
	        
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