Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

1849 Gagern's Programm. 283 
daß Osterreich sich die Freiheit der Entschließung über seinen 
Beitritt zum Bunde unbeschränkt offen halte und für diese 
Frage einen gesandtschaftlichen Verkehr entschieden ablehne, 
daß keine Reichsverfassung rechtlichen Bestand gewinnen könne, 
ohne Einvernehmen mit den deutschen Fürsten, deren erster 
Se. Majestät der Kaiser sei. Der zweite dieser Sätze war 
für jetzt nicht zu bestreiten; im Ubrigen blieb Gagern auf 
seinem Standpunkte, und beantragte am 5. Januar 1849, 
die Nationalversammlung möge ihn ermächtigen, zur geeigneten 
Zeit und in der geeigneten Weise mit Osterreich über dessen 
Verhältniß zum deutschen Reiche zu unterhandeln. 
Sofort brach eine leidenschaftliche Bewegung los; Oster= 
reicher, Particularisten, Idealisten erhoben sich gegen den 
Antrag; sie hatten die Mehrheit, und der Ausschuß, welchem 
der Antrag zugewiesen wurde, berichtete am 11. Januar im 
Sinne der Gegner. Eine dreitägige, zuweilen stürmische Ver- 
handlung folgte; großen Eindruck machte eine energische 
und doch versöhnliche Rede Gagern's; eine Anzahl sonst 
großdeutscher Stimmen wünschte eine neue Ministerkrisis zu 
vermeiden; genug, das Blatt wandte sich, und Gagern erhielt 
am 13. mit einem Mehr von 37 Stimmen die nachgesuchte 
Ermächtigung. Seine Partei verfolgte ihren Vortheil und 
setzte durch, daß gleich für den 14. Jannar der Verfassungs- 
abschnitt: das Reichsoberhaupt, auf die Tagesordnung gesetzt 
wurde. Es war im Grunde nichts Anderes als die Fort- 
setzung der letzten Debatte, denn auch in dieser waren alle 
wechselnden Redewendungen nichts Anderes als neue Formen 
des großen Gegensatzes Preußen oder Osterreich gewesen, 
wobei dann die Linke die lustige Person darstellte und jedem 
Widersacher des einen oder des anderen Rivalen ironischen
	        
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