1849 Trostlose Spaltungen in der Nationalversammlung. 285
schritt man einstweilen zur Bestimmung der Rechte für den
künftig erst zu definirenden Herrscher. Es waren die her-
kömmlichen der constitutionellen Monarchie, hier im Umfange
der Reichsgewalt, welche dem Kaiser, so weit ihn der Reichstag
nicht beschränkte, vollständig überwiesen wurde. Der auf-
fallendste Zug in dieser Verfassung war wohl, daß den
deutschen Fürsten in der Reichsgesetzgebung nur scheinbare
Rechte zugedacht waren (die Ernennung der Hälfte des
Staatenhauses, dessen Mitglicder aber völlig selbständig in
ihren Abstimmungen waren, und die Sendung von Bevoll-
mächtigten zu einem Rcichsrath, der nur berathende Gutachten
über die Gesetzentwürfe der Reichsminister liefern sollte),
und daß ihnen vollends in der Reichsregierung schlechthin
gar keine Stellung eingeräumt war; sie kamen eben in der
Verfassung so wenig vor, wie im alten Bundestag die Volks-
vertretung. Es war kein Wunder, daß die particulare Ge-
sinnung, welche lange Jahrhunderte hindurch die Gemüther
vollständig erfüllt hatte, gegen einen solchen Angriff auf das
Lebhafteste sich sträubte.
Am 26. Januar kamen diese Bestimmungen zum Ab-
schluß. Nur wenige Paragraphen der Verfassung waren für
die erste Lesung noch rückständig. Es war einleuchtend, daß,
wenn von Seiten der Regierungen irgend ein Einfluß auf
die Gestaltung des künftigen Reiches geübt werden sollte, die
letzte Stunde gekommen war. Zwar eine große Zahl der
Kleinstaaten war völlig resignirt, ihr Schicksal aus der Hand
der Nationalversammlung zu empfangen; andrerseits waren
die Mittelstaaten gleich fest in dem Beschlusse, unter dem
Vorgange Österreichs das ganze Werk der Paulskirche in
das Nichts zurückzuschleudern. Dagegen war die preußische