1849 Preußische Circularnote vom 23. Januar. 291
legte ihm den Punkt vor, indem er die Wichtigkeit des Ver-
ständnisses mit Osterreich betonte. Canitz stimmte dem Könige
bei: man thue besser, mit Osterreich und den Mittelstaaten
anzufangen. Noch einmal nahm darauf Bunsen, bobgleich
jetzt fast ohne Hoffnung des Erfolgs, das Wort, um in An-
lehnung an einen Brief von Radowitz die Idee des engern
Bundes zu entwickeln und zu empfehlen. Was denn verlangen
Sie? fragte der König. Nichts, erwiderte Bunsen, als daß
E. M. die Absendung der Circulardepesche genehmigen.
„Haben Sie sie gelesen?"“ Natürlich, und jedes Wort erwogen.
„Billigen Sie sie?“ Durchaus. „Nun, sagte der König zum
Grafen Brandenburg, so lassen Sie sie abgehen; nur daß
die Verhandlungen mit Osterreich deshalb nicht abgebrochen
werden." „Brandenburg, erzählt Bunsen, war wie aus den
Wolken gefallen, Canitz machte ein seltsames Gesicht; der
König aber stand auf und verließ das Zimmer. Wir drei
sahen uns einander an. Des Herrn Kopf ist anders organisirt,
als der eines andern Menschen, sagte Graf Brandenburg.
Warum hat er sich so lange gesträubt, und weshalb unmittel-
bar nachher auf einmal nachgegeben? Canitz schwieg.“')
Die somit genehmigte und am 23. Januar vollzogene
Note bedeutet eine Wendung der preußischen Politik, deren
feste Durchführung bei günstiger Aufnahme durch das Par-
lament zu wichtigen Ergebnissen führen konnte. Camphausen
und Bunsen eilten hoffnungsvoll nach Frankfurt, dieser, um
mit der Centralgewalt über die dänische Friedensfrage Abrede
zu nehmen, jener, um zunächst mit den Bevollmächtigten der
Einzelstaaten über die Reichsverfassung zu unterhandeln. Auch
machte die preußische Note Anfangs im Parlamente bei den
1) Vgl. Bunsen's Leben, übersetzt von Nippold, II, 485 ff.
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