1849 Schwarzenberg's Entwurf der Reichsverfassung. 299
die für Osterreich unerläßlich seien. Man erfuhr darauf von
Schmerling die speciellen Forderungen Osterreichs: anstatt des
Kaisers ein Directorium von sieben Mitgliedern, wo ursprüng-
lich der Vorsitz Osterreichs beabsichtigt, dann aber die Mög-
lichkeit eines Alternats mit Preußen eingeräumt war; anstatt
des Reichstags ein durch kein Volkshaus gelähmtes Staaten-
haus, siebenzig Mitglieder, von den Regierungen und Kammern
der Einzelstaaten gesandt, so daß auf je eine Million Ein-
wohner ein Abgeordneter komme, also auf Osterreich 38, auf
das übrige Deutschland 32. Dazu eine kurze Erwähnung
des Gruppensystems: Deutschland werde in sechs Kreise zer-
fallen, deren jeder einen der Könige zum Oberhaupt erhielte.
So war das Programm Schwarzenberg jetzt amtlich
dem deutschen Parlament und der deutschen Nation zur
Kenntnißnahme und Nachachtung hingeworfen. Es war nicht
etwa Reaction gegen die Revolution, die Rückkehr aus der
Paulskirche in den Palast des alten Bundestags. Nein, es
war die neue Erfindung eines ehrgeizigen, im Militärdienste
gebildeten Diplomaten. Nicht mehr wie vor 1848 ein Bund
souveräner Staaten, von Metternich's sanftem aber starkem
Einfluß geleitet. Statt dessen ein mächtig regierendes
Directorium; statt der Einheit Deutschlands seine Zerreißung
in sechs Mittelstaaten; statt der nationalen Grundlage der
Verfassung der Eintritt von 30 Millionen Nichtdeutscher;
statt der Volksvertretung ein Staatenhaus mit gesicherter
österreichischer Majorität; der erste Grundsatz für die deutsche
Politik die Erklärung, daß Osterreich seine Einrichtungen
nach eigenem Interesse feststelle, Deutschland aber die seinigen
nach dem Maaße der österreichischen Bedürfnisse oder Befehle
zu treffen habe. Nach diesem System wären nicht bloß die