Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

1849 Welcker's Antrag 301 
um die gesammte Linke zu einmüthiger Verwerfung der von 
Welcker begehrten Enbloc-Annahme der Verfassung zu be- 
stimmen. Unter den Großdeutschen waren Osterreicher und 
Bayern einig, bei ihrem Satze zu bleiben, lieber gar keinc 
Verfassung als eine preußisch-kaiserliche, mochten die Einzelnen 
sonst über Schwarzenberg's Forderungen urtheilen, wie sie 
wollten. Als dann am 17. die Verhandlung über die An- 
träge des Ausschusses begann, erhob sich noch einmal der 
geistige Schwung der Versammlung zu der Höhe der frühern 
schönen Tage: noch heute ist es unmöglich, die Reden Gagern's 
und Rießer's ohne Bewunderung der geistigen Kraft, der 
idealen Begeisterung und der patriotischen Leidenschaft zu lesen. 
Es war aber Alles vergebens. Der Beschluß der verbündeten 
Oppositionen stand fest: der Antrag fiel am 21. März mit 
einer Mehrheit von 283 gegen 252 Stimmen. 
Zunächst wechselten die Gefühle der geschlagenen Partei 
zwischen heftiger Erbitterung und hoffnungsloser Nieder- 
geschlagenheit. Alles schien verloren, und der Ruin des ganzen 
Verfassungswerkes besiegelt. Indessen hatte Welcker's Antrag 
ihr doch einen Zuwachs von etwa dreißig Stimmen gebracht; 
noch eine solche Verstärkung, und die Mehrheit war ihr ge- 
wonnen. Und eben jetzt im letzten Augenblick bot sich eine 
solche Aussicht. Denn auch auf der Linken gab es einige 
Mitglieder, welchen die Vorstellung unerträglich däuchte, die 
einst von dem Jubel der gesammten Nation emporgetragene 
Versammlung in stumpfer Ergebnißlosigkeit erlöschen zu sehen, 
bei welchen auch die Meinung aufkam, selbst den im Herzen 
republikanisch Gesinnten müsse ein Kaiser mit verantwortlichen 
Ministern erträglicher sein, als ein dem alten Bundestage 
nachgebildetes Dircctorium. Es war vor Allem Heinrich Simon
	        
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