Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

1849 Schwanken des Königs. 307 
Am 29. März schrieb Camphausen aus Frankfurt: Die 
Competenz der Nationalversammlung zur Kaiserwahl sei nicht 
anzuerkennen, aber ihre Erklärung als die der gesetzlichen 
Nationalvertretung zu ehren und zu achten, also etwa zu 
antworten, daß Se. Majestät geneigt sei, als Schirmherr an 
die Spitze des deutschen Bundesstaats zu treten, wenn und 
so weit die deutschen Regierungen dies wünschen würden, 
dann für den Complex der beitretenden Staaten die Wahlen zum 
neuen Reichstag anzuordnen, mit welchem die durch den etwa 
engern Umfang des Bundesstaats erforderlichen Anderungen 
der Verfassung herbeizuführen wären. In einem weitern Schrei- 
ben vom 30. März führte er dies noch näher im Einzelnen 
aus. Man hätte sein System auf den Ausdruck zurückführen 
können: Annahme der Reichsregierung durch den König unter 
der Voraussetzung, daß das Reich nur durch die mit Einver- 
ständniß beitretenden Staaten gebildet würde. Radowitz war 
derselben Meinung, und ich vermuthe, daß auch Graf Bran- 
denburg keine Antipathie dagegen gehabt hätte. 
Allein dem Könige und dem Ministerium ging dies schon 
zu weit. Der König wollte auch denjenigen Druck auf die 
Fürsten vermeiden, der sich aus einer so bedingten Annahme 
ergeben hätte. Er wollte vor Allem die Fürsten hören und 
erst dann sich entscheiden. Nach diesen Erwägungen wurde 
in einer vom Könige präsidirten Sitzung des Ministerraths 
am 2. April (anwesend alle Minister mit Ausnahme des er- 
krankten Herrn von Ladenberg) dem Monarchen der Entwurf 
der Antwort an die Frankfurter Kaiserdeputation vorgelegt, 
und von ihm mit sachlich bedeutungslosen Anderungen ge- 
nehmigt. In einer längeren Rede sprach darauf der König 
die Erwartung aus, die Minister würden an dem Inhalt der 
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