Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

1849 Unterhandlung des Herrn von Beckerath. 315 
gewöhnlicher Menschen den günstigsten Erfolg in Aussicht. 
Camphausen's Schachzug, Preußens weitere Absichten erst 
nach der Erklärung der andern Fürsten über die Oberhaupts- 
frage zu eröffnen, hatte die vier Könige auf Matt gesetzt. 
Denn überall lagen die Dinge so, daß sie, den bittersten Haß 
im Herzen, vor der Gefahr der Ablehnung zurückschreckten. 
Sie klammerten sich einstweilen an die nicht unmögliche Vor- 
stellung, daß Friedrich Wilhelm IV. endlich doch das ent- 
scheidende Wort sprechen und die Frankfurter Demagogen in 
alle Winde jagen würde. Die leidlichsten, wenn auch unsichern 
Aussichten hatte das Sonderthum in Bayern, wo die Kammer= 
mehrheit und das Land im Süden der Donau ebenso parti- 
cularistisch gesinnt war wie König Max; in Franken aber 
und der Pfalz war die Gährung des Volkes gewaltig, und 
die dortigen Officiere wollten für die Treue der Soldaten 
in keiner Weise einstehen. In Stuttgart antwortete König 
Wilhelm auf das Drängen der Kammer mit polternden 
Erklärungen, daß er ein deutsches Kaiserthum für ver- 
werflich halte, zwar einen österreichisch-deutschen Kaiser, wenn 
auch betrübtes Herzens, anerkennen, nimmermehr aber sich 
einem Hohenzollern unterwerfen würde; hier jedoch war die 
Stimmung des Volkes und des Heeres für die Reichs- 
verfassung so ungestüm und so einmüthig, daß die Kammer 
bereits dem Gedanken nahe trat, für den Fall eines längern 
Widerstrebens eine provisorische Regentschaft einzusetzen. In- 
dessen kam es nicht so weit. Eine Woche später beugte sich 
der König und ließ in Frankfurt seine Anerkennung der 
Reichsverfassung und des Kaiserthums anzeigen. Nicht viel 
anders lagen die Verhältnisse in Sachsen, wo schon im 
Februar die Regierung eine schüchterne Bitte um militärische
	        
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