324 Das Dreikönigsbündniß. 1849
Zuerst erschien Preußen mit seinem Vorschlage für die
künftige Reichsverfassung auf dem Platze. Osterreich war
einstweilen durch nähere Sorgen in Anspruch genommen.
Seine Niederlage in Ungarn war so vollständig, daß Fürst
Schwarzenberg sich bereits am 1. Mai entschloß, die längst
angebotene Hülfe des russischen Kaisers in Anspruch zu nehmen.
Bis zu deren Eintreffen war alle Zeit und Kraft auf die
Herstellung der geschlagenen und stark demoralisirten Streit-
kräfte zu verwenden; in der deutschen Sache mußte man sich
für jetzt auf die trockene Ablehnung aller preußischen Vor-
schläge beschränken. Auf der andern Seite machte Preußen
am 28. April noch einen letzten, vergeblichen Versuch, die
Nationalversammlung zum Eintreten auf seine Gesichtspunkte
zu bestimmen, und erließ an demselben Tage eine Einladung
an alle deutschen Regierungen, Bevollmächtigte zur Erwägung
und Beschließung einer annehmbaren Reichsverfassung möglichst
bald nach Berlin zu schicken. Da Württemberg und die Klein-
staaten so eben erst das Verfassungswerk der Paulskirche an-
erkannt hatten, so war zur Zeit in Berlin nur das Erscheinen
der übrigen Königreiche zu erwarten, eine Vorstellung, welche
für Friedrich Wilhelm bei seiner Vorliebe für das „Königs-
Collegium“ durchaus nichts Abstoßendes hatte.
Zu seiner eigenen vertrauten Berathung berief der König
den General von Radowitz aus Frankfurt nach Berlin. Dieser
merkwürdige Mensch hatte seine Laufbahn im kurhessischen
Militärdienst begonnen und sich als Lehrer der Kriegswissen-
schaften in Cassel hoher Achtung erfreut; dann hatte er,
nachdem Kurfürst Wilhelm II., in Folge beständiger Aus-
schweifungen, mit Gemahlin und Sohn zerfallen war, als er-
klärter Anhänger der Kurfürstin, einer preußischen Prinzessin,