Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

20 Staat und Kirche unter Friedrich Wilhelm J. 
Aufsicht einer straff centralisirten Verwaltung, und nöthigte 
ihre Mitglieder, ihm bei seinem Wirken für das Gedeihen 
und die Macht Preußens jedes erforderliche Opfer zu bringen. 
Nun ist man erstaunt, zu sehen, mit wie praktischem Blick 
er im Kleinsten und Größten das Richtige erkennt, wie er 
eine den Bedürfnissen auf allen Stufen entsprechende Beamten- 
schaft heranbildet, wie er sie durch strenge Aufsicht, durch 
ermunternde Lehre und brutale Strafen zu Thätigkeit, Ein- 
sicht und Rechtlichkeit erzieht, wie er Ordnung und Spar- 
samkeit in dem Staatshaushalt erzwingt, wie er die Bewirth- 
schaftung seiner Domänen zum fruchtbaren Vorbild für alle 
Landwirthe erhebt, und des Wunsches voll, die Bauern zu 
freien Eigenthümern zu machen, zwar eine so radicale Maaß- 
regel noch nicht wagt, aber doch unablässig für den Schutz 
der armen Leute gegen adliche Willkür und herrschaftliche 
Bedrückung sorgt. In kirchlichen Dingen hält er streng auf 
Religion und Christenthum, aber er weist jede confessionelle 
Rechthaberei weit von sich hinweg. Seit lange war dort 
die fürstliche Familie reformirt, und die weit überwiegende 
Menge der Bevölkerung lutherisch: ganz von selbst ergab 
sich daraus für den König die Auffassung, die Einheit des 
Staats als die höhere Friedensinstanz über die streitenden 
Bekenntnisse zu stellen, und kraft seiner oberbischöflichen 
Gewalt dem Hader der Theologen Einhalt zu gebieten. Die 
Zahl seiner katholischen Unterthanen war nicht groß, aber 
auch sie empfanden in Geldern und Lingen die wohlthätigen 
Folgen dieses Standpunkts. Als ein protestantischer Eiferer 
ihn fragte, warum er so gefährliche Subjecte wie katholische 
Feldprediger bei den Regimentern anstellte, gab er die ein- 
fältige aber inhaltschwere Antwort: weil da katholische Soldaten
	        
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