1849 Preußische Vorschläge an Österreich. 329
so mehr aber eine innige und unauflösliche Verbindung beider
Massen zu erstreben. Man blieb also auf dem Boden der
Circularnote vom 23. Januar, mithin des Gagern'schen
Systems vom engern und weitern Bunde. Sobald Radowitz
seinen Entwurf der deutschen Reichsverfassung vollendet hatte,
gingen, eine volle Woche vor dem Beginne der Conferenzen
mit den Mittelstaaten, die königlichen Vorschläge über den
weitern Bund nach Wien ab. Sie lauteten dahin, daß Deutsch-
land einen Bundesstaat unter preußischer Leitung bilden, daß
dieser Bundesstaat mit Osterreich eine ewige Union eingehen,
daß deren beide Mitglieder sich volle Unterstützung zum Schutz.
der äußern und innern Sicherheit, und bei jedem feindlichen
Angriff Hülfe mit aller Kraft zusagen, daß alles Erreichbare
zur Förderung der innern Wohlfahrt und der Erleichterung
des gegenseitigen Verkehrs geschehen, daß je zwei von beiden
Mitgliedern ernannte Vertreter die Unionsregierung bilden,
und diese die auswärtige Politik der Gesammtheit durch Er-
nennung aller Gesandten und Consuln führen würde. Hie-
gegen erwartete Preußen, daß Osterreich der Schaffung des.
deutschen Bundesstaats nach dem beiliegenden Cntwurfe zu-
stimmen, und zunächst mit der Übernahme der provisorischen
Centralgewalt durch den König einverstanden sein würde.
So lockend unter andern Umständen dem österreichischen
Cabinet die hier angebotenen Vortheile vielleicht erscheinen
konnten, so bleibt doch die Zuversicht verwunderlich, mit welcher
diese Botschaft nach Wien abgefertigt wurde. Wann hätte
jemals eine alte und stolze Großmacht von Osterreichs Range
einen historisch überlieferten Besitz wie den leitenden Einfluß
in Deutschland gutwillig aufgegeben, zumal wenn ein von
Jugendmuth erfüllter Herrscher und ein Staatsmann von