Stehendes Heer. 21
sind. Also es gab kein Lebensgebiet, dem er nicht Antrieb
und Hülfsmittel zuführte; es gab freilich auch keines, das er
nicht unter seinen Willen beugte, und dessen Ergebnisse er
nicht dem letzten Ziele, der Selbständigkeit und Erhöhung
des Staats, dienstbar machte. So erschuf er, der Beherrscher
von höchstens drei Millionen Menschen, ohne Erschöpfung
des Landes, ein stehendes Heer von 80000 Mann, eine
Truppe von auserlesener Gediegenheit und Schlagfertigkeit,
bei der er jeden kleinen Fehler mit barbarischen Strafen
ahndete, sonst aber wieder bis in das Einzelnste für das
Wohl jedes Soldaten sorgte nach seinem Spruche, daß des
Königs Kriegsmann ein besseres Leben haben müsse, als des
Gutsherrn Dienstmann. Was ihm, beinahe hundert Jahre
vor Scharnhorst, im Sinne lag, war die allgemeine Wehr-
pflicht, es erging ihm aber damit, wie mit der Freiheit der
Bauern: so stark er war, so konnte er seine Welt doch nicht
auf den Kopf stellen; er begnügte sich, seine besten Gedanken
einer günstigeren Zukunft zu hinterlassen. Die ständische
Grundlage des Staats blieb bei allen monarchischen Reformen
bestehen.
So trat neben das weite föderative Reich der Habs-
burger der kleine festgeschlossene preußische Staat, durch die
Concentration seiner Kräfte dem fünfmal größern Rivalen
gewachsen. Der geniale Sohn seines Schöpfers, Friedrich
der Große, entriß mit keckem Angriff dem Wiener Hof das
herrliche Schlesien und vertheidigte dann in einem beispiel-
losen siebenjährigen Kampfe diesen Besitz gegen eine zehnfach
zahlreichere, aber schlecht organisirte Ubermacht. Damit war
Preußen in die Reihe der europäischen Großmächte einge-
führt; es war für Osterreich vorbei mit dem Alleinbesitz des