Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

336 Das Dreikönigsbündniß. 1849 
wenn ein einziger deutscher Staat seinen Beitritt weigerte? 
Wie gesagt, der preußischen Regierung erschien dies unglaub- 
lich. Sie interpretirte also die Erklärung in dem einfachen 
Sinne, daß die beiden Höfe schon jetzt Anträge auf Änderung 
der Verfassung ankündigten, falls Bayern und Württemberg 
dem Bündniß nicht beiträten — um später solche Anträge 
nicht a limine mit der Bemerkung abgewiesen zu sehen, daß 
die Verfassung ja gerade für einen solchen Fall bemessen und 
hergerichtet sei. Man nahm hienach die Erklärung ohne 
irgend eine Gegenäußerung zu den Acten. 
Leider war dies ein neuer Irrthum Preußens. Sachsen 
und Hannover hatten durchaus die Absicht, durch ihre Er- 
klärung sich die Freiheit des Rücktritts vom Bündniß für den 
Fall der bayerischen Ablehnung zu sichern. Ja noch mehr, 
sie wußten schon damals sehr bestimmt, daß Bayern die hier 
vorgelegte Verfassung nimmermehr nach freiem Willen an- 
nehmen würdei), und kaum vierzehn Tage nach ihrer Unter- 
zeichnung bereiteten sie schon den Kaiser Nikolaus auf ihren 
Rücktritt vor2). Es war die List des Schwachen, welche hier 
1) Hierüber lassen die übereinstimmenden Berichte der englischen 
Gesandten in Hannover, Dresden und München, welche der englische 
Minister dem Ritter Bunsen vertraulich mittheilte, nicht den geringsten 
Zweifel. Vgl. Bunsen's Leben, deutsche Ausgabe, Band 3, Seite 15 ff. 
Der Minister Friesen, Erinnerungen I, Seite 203, möchte jene Berichte 
für unglaubwürdig erklären. Da der englische Gesandte in Dresden, 
Forbes, berichtet, Beust habe, wie er ihm selbst gesagt, dem bayerischen 
Minister von der Pfordten „einen Wink" gegeben, doch ja dem Bünd- 
nisse nicht beizutreten, so bemerkt dagegen Friesen, solcher Winke habe 
es wahrlich nicht bedurft; die Ansichten Pfordten's, der ja selbst kurz 
zuvor ein sächsisches Ministerium verwaltet, seien in Dresden sehr genau 
bekannt gewesen. Also — 
2) So theilte es der Zar selbst dem preußischen Gesandten, General 
von Rochow, mit.
	        
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