Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

344 Das Dreikönigsbündniß. 1849 
beantragte und alle sonstigen Zugeständnisse, die ihm Radowitz 
anbot, für ungenügend erklärte. In Wien war man in diesen 
Wochen außer sich über Preußens Erfolge. Erzherzog Johann, 
jetzt überall von Preußens Einfluß umgeben und in völlige 
Machtlosigkeit versetzt, meldete sich krank, und begab sich von 
Frankfurt nach Gastein; die provisorische Centralgewalt hatte 
seitdem nur noch eine Scheinexistenz. Was wollte Fürst 
Schwarzenberg dagegen ins Werk setzen? Der Einmarsch der 
russischen Truppen in Ungarn begann äußerst langsam; 
Radetzky verwahrte sich gegen jede Verminderung der italieni- 
schen Armee; nicht 10000 Mann waren für eine Einwirkung 
auf Deutschland verfügbar. Je schwächer in der Sache, desto 
heftiger wurde Schwarzenberg in den Worten. Allen Ge- 
sandten in Wien versicherte er, in kurzer Frist werde Ungarn 
unterworfen sein; dann werde er mit der Schärfe des Schwerts 
den preußischen Anmaaßungen entgegen treten. Glaubt mir, 
sagte dort der hannoverische Gesandte damals seinem preußischen 
Collegen, es gibt Krieg, und dann werden die Truppen 
Sachsens und Hannovers, Euerer Bundesgenossen, zu den 
Osterreichern übergehen; verlaßt Euch darauf. Einstweilen 
strengte Schwarzenberg alle Mittel an, um durch die öster- 
reichischen Gesandten die deutschen Staaten von dem Eintritt 
in das preußische Bündniß abzuhalten, und bewirkte bei 
manchen Höfen wenigstens eine lange Verzögerung des Ent- 
schlusses. Denn eine so pressende Anfrage, wie ich sie vorher 
bezeichnete, war völlig den Grundsätzen König Friedrich Wil- 
helm's zuwider: er wollte ja keinen Beitritt, der widerwillig 
in Folge irgend eines Druckes, und nicht aus wohlerwogener 
freier ÜUberzeugung erfolgte. So vollzogen sich die An- 
meldungen zum Bündniß äußerst langsam und tropfenweise.
	        
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