1849 Das Interim. 347
jedoch, wie man meinte, durch den Satz, welcher die Ver-
fassungsfrage der freien Vereinbarung der Regierungen über-
ließ, thatsächlich gegeben. Es wurde hienach am 30. Sep-
tember der Vertrag über das Interim in Wien unterzeichnet.
Es war ein neuer Schritt Preußens auf dem Wege zur
Wiederbelebung des alten Bundesrechts, eine Zustimmung zu
der österreichischen Behauptung, daß der Reichsverweser durch
den Bundestag dessen Rechte empfangen, und sie jetzt durch
die Einsetzung des Interim den beiden Großmächten überliefert
habe, oder mit einem Worte, daß die Rechte des Bundes-
tags niemals untergegangen seien. Niemand in Berlin scheint
damals geahnt zu haben, welchen Gefahren für Preußens
Bestrebungen hiemit Thor und Thür eröffnet wurden.
General Radowitz hatte selbst die Harmlosigkeit, im Landtage
am 24. October die officielle Erklärung abzugeben, Preußen
erkenne nach den Verträgen von 1815 unbedingt die Ver-
pflichtung jedes deutschen Staats an, nach der Aufhebung
des Bundestags für die Herstellung eines neuen Central-
organs zu sorgen.
Immer waren unterdessen die Anschlüsse der Kleinstaaten
an das Bündniß vom 26. Mai ungefähr vollständig geworden.
Außer Luxemburg und Holstein fehlten nur noch Liechtenstein,
Hessen-Homburg und die freie Stadt Frankfurt. Man glaubte
jetzt preußischer Seits in der Lage zu sein, die entscheidende
Maaßregel zur Constituirung des deutschen Bundesstaats, die
Berufung des Reichstags, ergreifen zu können. Eines Wider-
spruchs innerhalb des Bundes versah man sich nicht, da
Sachsen und Hannover ihren Vorbehalt vom 27. Mai nie-
mals wieder erwähnt, vielmehr bei den Verhandlungen mit
Nassau, Braunschweig, den sächsischen Herzogthümern, über