Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

1850 Das Erfurter Parlament. 363 
nicht der äußersten Rechten, durch. Hiemit waren seine Auf- 
gaben erledigt, und am 29. April wurden seine Sitzungen 
unter verbindlicher Anerkennung seiner Einsicht und Vater- 
landsliebe geschlossen. 
Vielleicht hätten diese Worte weniger freundlich gelautet, 
wäre die Verstimmung des Königs über das Parlament nicht 
durch feindselige Schritte der großdeutschen Partei in den 
Hintergrund gedrängt worden. 
Schon am 15. März hatte der König von Württemberg 
in seiner Thronrede bei Eröffnung der Kammern so Un- 
glaubliches in groben Angriffen auf die preußische Regierung 
geleistet, daß diese sich zu vollständigem Abbruch der diplo- 
matischen Beziehungen genöthigt sah. Dann kamen in den 
folgenden Wochen immer bestimmtere Nachrichten, daß in 
Folge der Wiener und Münchener Einwirkungen außer Kur- 
hessen auch die Souveräne von Hessen-Darmstadt, Anhalt, 
Lippe-Schaumburg, Mecklenburg-Strelitz im Begriffe ständen, 
der preußischen Union den Rücken zu kehren. Mit ganz 
anderer, geradezu entscheidender Wucht aber traf endlich ein 
Schlag der österreichischen Regierung selbst in den Mittelpunkt 
der ganzen Streitfrage. 
Seit dem Abschlusse des Interims war unaufhörlich 
zwischen Wien und Berlin über die deutsche Angelegenheit 
verhandelt worden. Von Wien aus, wo man jetzt bestimmt 
den Plan gefaßt hatte, die politischen Vortheile des Zoll- 
vcreins dem Berliner Rivalen streitig zu machen, wurde der 
Eintritt Osterreichs in eine große Zolleinigung mit Deutsch- 
land angeregt; das preußische Cabinet, nicht minder ent- 
schlossen, seine Führerschaft auf dem deutschen Handelsgebiete 
zu behaupten, sprach anerkennende Worte über die hohe
	        
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