Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

394 Russische Einwirkung. 1850 
reichischen Übermuths Preußen zum Kriege, und damit zum 
französischen Bündniß zu nöthigen. Jetzt, im Juni 1850, 
schien ihm die Stunde gekommen. Er erklärte dem Grafen 
Hatzfeldt, daß er gegen eine Verstärkung Preußens durch 
einen engern Bund keine Einwendung erhebe, daß er überhaupt 
größere Neigung zu Preußen als zu den andern Continental- 
mächten empfinde, weil die Gleichartigkeit der beiderseitigen 
Cultur und der beiderseitigen Interessen ihm größer bei 
Frankreich und Preußen als anderwärts erscheine. Während 
Rußland und Österreich allen Bestrebungen der modernen 
Zeit feindlich entgegen träten, suche Preußen die berechtigten 
Ansprüche zu befriedigen unter Erdrückung der demagogischen 
Ausschreitungen, ganz wie es einst der erste Napoleon gethan. 
Es frage sich jetzt, ob es in Deutschland zu einer kriegerischen 
Krisis kommen würde. Viele Franzosen ) meinten, Frankreich 
müsse dann neutral bleiben. Er halte das, namentlich wenn 
Rußland eingreife, für unmöglich. Bemerken müsse er, daß 
einflußreiche conservative Politiker für ein Bündniß mit Oster= 
reich wären, daß es ihn aber viel stärker auf die preußische 
Seite ziehe. Wenn jedoch Preußens Gegner territoriale Er- 
werbungen für Frankreich in Aussicht stellten, müsse Preußen 
das Gleiche thun, das Material dazu könnte das linksrheinische 
Bayern liefern. Der Gesandte unterbrach ihn hier: die ge- 
ringste Andeutung eines solchen Wunsches sei ein sicheres 
Mittel, jede Annäherung preußischer Seits unmöglich zu 
machen. Preußens jetzige Bestrebungen beruhten auf der 
Kraft des nationalen Gedankens: wie könne es bei einer 
solchen Grundlage seiner Politik deutsches Gebiet weggeben? 
) U. a. sein damaliger Minister des Außern, Lahitte, bemerkt 
dazu Graf Hatzfeldt.
	        
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