Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

1850 Der Minister Hassenpflug und die Stände. 419 
der Ablehnung der Unionsverfassung noch auf dem Berliner 
Fürstencongresse bekannt hatte, hätte einen Verfassungsstreit 
sofort vor das Erfurter Schiedsgericht geführt, und bei der 
Klarheit der Rechtssache hätte ein rechtliches Verfahren nur 
mit der Abweisung des Kurfürsten enden können. Anders aber 
stand es bei dem von Schwarzenberg geleiteten Bundestag, wo 
die Sätze des Fürsten Autorität hatten, daß diese deutschen 
Verfassungen alle nichts taugten, und die beste Besserung auf 
militärischem Wege erreicht würde. Darum hatte Hassenpflug 
sich beeilt in den Bundestag einzutreten, und wußte gleich- 
zeitig in Cassel auch den Verfassungsconflict herbeizuführen, 
und damit dem Bundestage Anlaß zur Intervention zu 
schaffen. Sein Mittel zu diesem Zweck war äußerst einfach. 
Von Februar bis September begehrte er von dem Landtage 
Steuern und sonstige Einnahmen, weigerte aber hartnäckig 
die verfassungsmäßige Bedingung dafür, die Vorlage eines 
Budgets, obgleich es bekannt war, daß sein Finanzminister 
Lometsch den Entwurf desselben längst fertig gestellt hatte. 
Als dann endlich die Stände die Verlängerung der Vollmacht 
zur Steuererhebung ablehnten, erklärte er das auf Grund des, 
allerdings im März 1848 vom Bundestage aufgehobenen, 
sogenannten Ausnahmegesetzes von 1832 für Aufruhr und 
verhing den Kriegsstand über das in tiefster Ruhe lebende 
Land. Alle Civilbehörden, deren sämmtliche Mitglieder nach 
dem bestehenden Gesetz für jede, gleichviel von wem befohlene, 
verfassungswidrige Amtshandlung persönlich verantwortlich 
waren, weigerten darauf ihre Mitwirkung zu diesem Ver- 
fassungsbruch; da bestimmte er den Kurfürsten am 12. Sep- 
tember, Cassel zu verlassen, und mit ihm nach Frankfurt zu 
flüchten, um dort in vertrautem Verkehr mit der österreichischen 
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