Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

1850 Antrag auf Bundesexecution in Kurhessen. 421 
Trennung seiner Ost- und Westprovinzen im friedlichen 
System des alten Bundestags ertragen können, wo sein Ein- 
fluß in Cassel unangefochten, und durch zwei hessische Etappen- 
straßen die militärische Verbindung zwischen Cöln und Berlin 
gesichert war. Jetzt aber schien es unerträglich, daß eine 
preußenfeindliche Bundesmacht durch ihre Streitkräfte dieses 
Territorium in Besitz nehmen wollte, während der Souverän 
desselben dem Namen nach noch Mitglied der preußischen Union 
war, und jenex Bundestag sich trotz des preußischen Pro- 
testes als höchste Behörde der deutschen Nation hinpflanzte. 
Was liegt, sagte Graf Brandenburg, den süddeutschen Re- 
gierungen an dem hessischen Verfassungsstreit: nur um uns 
zu demüthigen, wollen sie Kurhessen occupiren. Einige Mo- 
nate nachher erhielt dieses Wort in München seine amtliche 
Bestätigung; als der Minister von der Pfordten in der baye- 
rischen Kammer wegen seiner Theilnahme an dem hessischen 
Verfassungssturze heftig angegriffen wurde, erklärte er mit 
cynischer Offenheit: die hessische Verfassung war uns äußerst 
gleichgültig, uns kam es auf die Sprengung der preußischen 
Union an. Preußen hatte also Ursache genug, gegenüber 
den Schritten Hassenpflug's und des Bundestags nicht un- 
thätig zu bleiben. 
Für ein wirksames Einschreiten auf festem Rechtsboden 
lagen mehrere Wege offen. 
Zur rechtlichen Lösung des Streits gab es zwei Mittel. 
Die hessische Verfassung selbst ordnete für Zerwürfnisse 
zwischen dem Kurfürsten und den Ständen ein Compromiß- 
gericht an, und sogar jene Ausnahmegesetze von 1832 und 
1834, auf deren sonstige Bestimmungen sich Hassenpflug 
berufen hatte, verfügten für solche Fälle ein Bundesschieds-
	        
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