Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

424 Die Krisis. 1850 
Versammlung anerkannte oder gar ihr beitrat. Keiner seiner 
Minister hätte ihm eine solche Zumuthung zu stellen gewagt, 
und auf das Entschiedenste bestärkte ihn General von Rado- 
witz in dieser Stimmung. 
Es gab also jetzt zwei Ehrensachen für Preußen, die 
Erhaltung der unausführbaren Unionsverfassung und die 
Erlangung freier Conferenzen anstatt des Bundestags, und 
leider stand bei beiden die darauf gesetzte Willenskraft außer 
allem Verhältniß zu der innern Werthlosigkeit des Gegenstandes. 
Noch am 7. und am 14. September hatte Herr von 
Manteuffel im Ministerrathe lebhaften Widerspruch gegen die 
Fortsetzung der Unionspolitik erhoben, war seitdem aber, als 
der König sich bestimmt für Radowitz erklärte, absolut ver- 
stummt. Als dann am 21. September der erste Bundes- 
tagsbeschluß in der hessischen Sache erfolgt war, erklärte 
Radowitz am 24. dem Ministerium die Nothwendigkeit, jedem 
Schritte der illegalen Frankfurter Versammlung auf hessischem 
Boden zuvorzukommen, und die hierfür erforderlichen mili- 
tärischen Vorkehrungen ungesäumt zu treffen. Keiner der 
Minister wagte eine Einwendung zu erheben, und auch Ge- 
neral von Stockhausen verhieß schleunige Erwägung der 
Rüstungsfragen. Am 26. wiederholte Radowitz in Gegenwart 
des Königs seine Anträge mit der Bemerkung, in ein solches 
Verfahren dürfe man nur eintreten, wenn man fest entschlossen 
sei, es unter allen Umständen und mit allen Mitteln durch- 
zuführen. Der König genehmigte; Radowitz übernahm darauf 
selbst das Ministerium des Auswärtigen, und erließ sofort 
eine kräftige Verwahrung gegen alle Beschlüsse und Thaten 
des vorgeblichen Bundestags, dessen Einschreiten in Kurhessen 
Preußen nimmermehr dulden würde.
	        
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